Porträtfoto: Yuliia Koval.

Die Künstlerin hinter unserem Logo

Das Logo unserer Initiative „Bayerns Frauen. Jede anders stark!“ hat eine besondere Geschichte. Es stammt aus dem Wandgemälde „Jetzt damals“ von Yuliia Koval. Die Malerin, die in München lebt und arbeitet, schuf das 23 Quadratmeter große  Werk in den Räumen des Bayerischen Staatsministeriums für Familie, Arbeit und Soziales. Erfahren Sie mehr über die Künstlerin und ihre Arbeit ... 

Yuliia Koval: Malerin, Illustratorin, Kunsttherapeutin 

Yuliia Koval stammt aus der Ukraine, sie kam 1979 in Iwano-Frankiwsk zur Welt, einer Universitätsstadt im Westen des Landes. Nach dem Schulabschluss studierte sie in Kiew Grafik und Buchkunst und arbeitete freiberuflich. Noch während sie sich aufs Diplom vorbereitete, zog Yuliia Koval nach München und studierte ab 2002 Malerei an der Akademie der Bildenden Künste bei Professor Jerry Zeniuk. 2008 erwarb sie hier ihr zweites Diplom. Ihre abstrakten Arbeiten wurden in Ausstellungen gezeigt – in München genauso wie in Athen und dem chinesischen Wuhan – und im Rahmen von Förderprogrammen gewürdigt. Ebenfalls an der Kunstakademie studierte Yuliia Koval bei Professorin Senta Connert bildnerisches Gestalten und Therapie. Heute ist sie als Kunsttherapeutin an einer Münchner Klinik tätig. Im Sommer 2021 schuf sie ein Wandgemälde im Bayerischen Sozialministerium. Aus einem Ausschnitt aus dieser Arbeit entstand das Logo für unsere Initiative „Bayerns Frauen. Jede anders stark!“ 

Porträtfoto: Yuliia Koval.

Die Malerin Yuliia Koval lebt und arbeitet seit zwanzig Jahren in München. Dieser Beitrag entstand im Spätsommer 2022, ein halbes Jahr nach Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine. „Ich habe in Deutschland keine ukrainische Insel für mich geschaffen, ich bin gut integriert und vernetzt“, sagt die Künstlerin über sich. „Aber jetzt während des Kriegs spüre ich, dass meine Wurzeln in der Ukraine sind.“ 

Ein Kunstwerk von Yuliia Koval

„Jetzt damals“ (2021), Acryl auf Wand, ca. 230 x 1000 cm. Yuliia Koval schuf das Wandgemälde im Rahmen einer Kooperation zwischen der Münchner Kunstakademie und dem Bayerischen Sozialministerium.   

Ein einziger Strich auf der Leinwand ... 

Als Yuliia Koval 2002 an die Münchner Kunstakademie kam, trieben sie „großer Hunger, eine große Neugier: Ich wollte erfahren, warum Kunst hier so anders ist als in der Ukraine.“ In ihrer Heimat war ihr Kunstunterricht „sehr akademisch. Wir haben Stillleben gemalt, Stillleben, Stillleben, wir saßen vor ausgestopften Tieren und Gefäßen, wir haben Landschaften, Architektur und den Menschen studiert, die Knochen, die Muskeln ... Das Handwerk spielte in der Kunst eine unglaublich große Rolle, das war noch ein Erbe des sowjetischen Systems.“ In München staunte sie über die allgegenwärtige postmoderne Malerei, abstrakt, reduziert, minimalistisch: „Ich war regelrecht schockiert, als ich gesehen habe, was die Künstlerinnen und Künstler hier machen. Für mich war es ein Rätsel, warum ein einziger Strich auf der Leinwand so wertvoll sein kann, warum man sich den so lange anguckt!“ 

In München studierte Yuliia Koval in der Klasse von Jerry Zeniuk. „Eine im Kontext der Akademie eher konservative Klasse, aber für mich war das sehr modern.“ Schon bald verabschiedete sich Yuliia Koval von der gegenständlichen Malerei; ihre Arbeiten heute sind weitgehend abstrakt. Dabei ist sie froh über ihre strenge Ausbildung in der Ukraine: „Das ist mein künstlerisches Hab und Gut.“ Längst habe sich die Kunstszene in ihrer ersten Heimat gewandelt, findet Koval. „Die alte Künstlergeneration und die junge, die mit aller Welt in Kontakt ist, haben Konflikte, aber auch Berührungspunkte, das ist sehr spannend! In Deutschland ist alles sehr stabil, es gibt viel weniger Reibung.“  

Wandgemälde: Weiße Wände bilden eine tiefe Nische in einem Raum. Auf den Wänden sind ungezählte eckige Flächen unterschiedlicher Größe und Farbe angeordnet, von Schwarz bis Neonpink. Sie berühren oder überlagern einander.

„Black Athena“, 2017, Acryl auf Wand, Haus der Kunst München. 

Wandgemälde: Eine weiße Wand ist mit vielen, nicht scharf umrissenen Farbflächen – in neonbunten und gedeckteren Tönen – gestaltet.

„Rühr dich nicht vom Fleck“, 2017, Acryl auf Wand, Kulturwerkstatt HAUS 10, Fürstenfeldbruck. 

Kunstwerk: Auf einer kleinen Holzplatte sind abstrakte Formen zu sehen. Die Fläche oben links in Weiß gehalten, ein feines Gespinst, Raureif ähnlich. Unten rechts breitet sich Weiß über gelbem Grund aus. Fast in der Mitte ist rotes Element platziert, ähnlich einer Mohnblüte. Das Bild wirkt durch das Holz greifbar und geerdet, die Farben dagegen scheinen flüchtig und schwebend.

„Ohne Titel“, 2021, 23 x 30 cm, Tusche, Acryl, Collage, Buntstift auf Holz. 

Kunstwerk: Auf weißem Grund sind abstrakte Formen angeordnet. Zwei Elemente in der Bildmitte ähneln den zarten, roségrundigen Flügeln eines Schmetterlings. Schwarz getupfte Elemente setzen starke Kontraste.

„Vyshyvanka“, 2022, 24 x 31 cm, Collage, Buntstift, Tusche auf Papier.

Kunstwerk: Auf hellbeigem Kunstleder sind organisch gerundete Formen angeordnet, überwiegend in Blau- und Grüntönen. Dazwischen wirbeln fein gestrichelte Elemente wie Samen einer Pusteblume. Den unteren Bildrand „erden“ verwischte Formen in Brauntönen.

„Hier darf ich sein, hier bin ich sicher“, 2020, 280 cm x 200 cm, Acryl, Tusche auf Kunstleder. 

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Nichts mehr erreichen „müssen“ 

„Mein Professor nannte die Kunst eine universelle Sprache“, erzählt Yuliia Koval. „Sie ist eine nonverbale Möglichkeit, sich mitzuteilen: Kunst kann Menschen ohne Worte erreichen.“ Diese Stärke der Kunst nutzt Yuliia Koval nun auch in ihrem dritten Beruf als Kunsttherapeutin an einer Münchner Klinik. Während sie in der bildenden Kunst ganz auf sich zurückgeworfen ist, hat sie hier ein Gegenüber. „In der Kunsttherapie geht es nicht um mich. Ich bin Begleiterin, Therapeutin ... Das genieße ich auch.“ Gerade schreibt Yuliia Koval noch an ihrer Masterarbeit über „die künstlerische Antwort auf Leiden.“ Ein hoch spannendes Thema. Mit Kunst können sich Leidende kraftvoll und eindringlich mitteilen, auch wenn die Worte fehlen. Und zugleich kann Kunst auch helfen, das eigene Leiden zu erfassen und zu bewältigen.  

Die therapeutische Ausbildung habe sie in ihrer Malerei stark beeinflusst, findet Yuliia Koval. „Ich bin jetzt lockerer und ehrlicher mit mir selbst“, sagt sie. „Ich habe mich davon befreit, was man alles erreichen muss. Ich erlaube mir jetzt auch spielerische Elemente. Die bildende und die angewandte Kunst halte ich nicht mehr krampfhaft getrennt, beide sind ein Teil von mir.“

Als Frau in der Kunstwelt 

„Wo Wolle ist, ist auch ein Weib, das webt, und sei es nur zum Zeitvertreib“, soll der Maler und Bauhaus-Meister Oskar Schlemmer in den 1920er-Jahren gespottet haben. An der berühmten Kunstschule wurden Frauen zwar zugelassen, aber überwiegend in die  (als Kunstgewerbe betrachtete) Weberei gedrängt. Und heute? Knapp hundert Jahre später, 2013, urteilte der Maler und Bildhauer Georg Baselitz in einem Gespräch mit dem SPIEGEL: „Frauen malen nicht so gut.“ Hat sich gar nichts verändert, in der Kunstszene, auf dem Kunstmarkt und in den Köpfen?  

Die Frauen haben so viel geleistet, jetzt müssen endlich die Männer etwas machen.

Als Frau in der Kunst weniger wahrgenommen und ernstgenommen zu werden: Das hat auch Yuliia Koval erlebt. „Als ich in München in der Akademie angefangen habe, gab es kaum Professorinnen. Und die wenigen standen immer unter mikroskopisch genauer Beobachtung, während sich Männer alles erlauben durften“, schildert sie. Inzwischen habe sich an der Akademie vieles verändert. Doch der Kunstmarkt sei weiterhin von Männern geprägt. „Frauenmalerei“ werde als abwertender Begriff gebraucht, gern synonym mit „Wochenendmalerei“. Aber, überlegt Yuliia Koval, „auch Männer werden in Schubladen geschoben, müssen Klischeebilder erfüllen und leiden darunter.“ Der Feminismus komme auch in der Kunst Männern wie Frauen zugute, befreie die Geschlechter von Schablonen und Rollenerwartungen. Und der Feminismus, sagt die Künstlerin und lächelt, sei bitteschön nicht nur Frauensache. „Die Frauen haben so viel geleistet, jetzt müssen endlich die Männer etwas machen.“ 

Porträtfoto: Yuliia Koval.

Nachdenklich, feinsinnig, stark: Yuliia Koval im Gespräch mit bayernsfrauen.de.

„Jetzt damals“: vom Kunstwerk zum Logo 

Im Corona-Sommer 2021 fiel die Jahresausstellung der Akademie der Bildenden Künste, München, aus. Stattdessen entstanden aus einer Kooperation der Akademie mit dem Bayerischen Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales eine Reihe von Arbeiten. Die Klasse von Professorin Senta Connert legte Konzepte vor; unter anderem wurde Yuliia Kovals Idee für ein Wandgemälde zum Thema „Nehmen und Geben“ ausgewählt. Heute trägt es den Titel „Jetzt damals“. 

Das zehn Meter lange, deckenhohe Werk schuf Yuliia Koval in einem Flur im vierten Stock des Ministeriumsgebäudes in der Münchner Maxvorstadt. Wie bei jeder ihrer Arbeiten begann sie mit den Grundfarben, Gelb, Blau und Magenta. „Das hilft mir, in den Arbeitsprozess reinzukommen.“ Mehrere Wochen lang arbeitete sie mit Acrylfarben auf der weißen Wand, meist am Wochenende. Doch auch an Werktagen war es auf den Gängen mucksmäuschenstill, viele Beschäftigte des Ministeriums arbeiteten im Homeoffice. 

In aller Ruhe konnte Yuliia Koval den Flur auf sich wirken lassen: die feine Struktur der scheinbar glatten Wand, nur aus der Nähe sichtbar und für die Finger zu erspüren, die Dimension des langen, schmalen Raums, die Farbe der Bodenbespannung. „Ich brauche viel Zeit zum Schauen“, erklärt sie, „Die Oberflächen des Orts schlagen mir einen visuellen Dialog vor. Der Farbklang entsteht im Prozess des Malens. Mit Farbe lenke ich Größe, Licht, Atmosphäre und Funktion in den Raum.“ 

Yuliia Koval ließ ihre Eindrücke und Empfindungen aus den Corona-Lockdowns einfließen, die Suche nach innerer Balance und dem Gleichgewicht mit ihrer Umwelt. Es sind rationale und intuitive Entscheidungen, aus denen nach und nach Details entstehen und sich zum Werk vereinen. Auch die Wirkung auf die Vorübergehenden hatte die Künstlerin im Blick: „Es ist eine Arbeit, die man in Bewegung anschaut.“ Im flüchtigen Vorbeigehen sollen Menschen eine Stimmung mitnehmen. 

Vielfalt der Stärken als Symbol für „Bayerns Frauen“ 

Das Wandgemälde ist komponiert aus Farbinseln, die einander teilweise überlagern. Vielfältige, unterschiedlich große Farbflächen – von drastischem Schwarz bis zu zarten, pastelligen Tönen – vereinen sich zu einem Ensemble mit starkem Drive nach vorne. Ist es ein Wunder, dass sich im Staatsministerium der Gedanke an „Bayerns Frauen. Jede anders stark!“ förmlich aufdrängte? Während Yuliia Koval an ihrem Wandbild arbeitete, lief gerade der bayernweite Wettbewerb an, bei dem sich starke Frauen selbst bewerben oder vorgeschlagen werden konnten. Ein Element aus Kovals Bild wurde zum Symbol, zum Logo von „Bayerns Frauen“: der Vielfalt der Stärken, die sich zu gemeinsamer Schubkraft vereinen.  

Mehr erfahren über die Künstlerin: zur Website von Yuliia Koval

Aktuelle Infos: zum Instagram-Kanal von Yuliia Koval

Ausschnitt des Kunstwerks von Yuliia Koval.

„Jetzt damals“: Das Wandgemälde von Yuliia Koval ist komponiert aus Farbflächen, die sich teilweise überlagern. Aus einem Element des zehn Meter langen Bilds ... 

Logo: Bayerns-Frauen.de

... entstand das Logo unserer Initiative „Bayerns Frauen. Jede anders stark!“ 

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