Szene mit Martin Luther, der auf der Wartburg aus der Bibel vorliest

Frauenbild in der Reformationszeit

Um 1500, besonders durch das Wirken Martin Luthers, veränderte sich das gesellschaftliche Bild der Frau. Alleinstehende und Nonnen wurden geschmäht. Ehefrauen dagegen erfuhren große Wertschätzung. Ein Rollenideal, das über Jahrhunderte Bestand hatte.

Wie Sonne und Mond – das Verhältnis von Frauen und Männer um 1500 

Die Jahre um 1500 werden allgemein als Zeitenwende betrachtet. Europäische Seefahrer entdeckten Amerika. Die Erfindung der Druckerpresse machte Bücher – und damit auch Bildung – für einen größeren Kreis von Menschen zugänglich. Und der christliche Glaube erfuhr durch die Reformation in vielen Regionen eine neue Ausrichtung. Diese Veränderungen wirkten sich natürlich auch auf das Leben der Menschen in Bayern aus. Die Frauen dieser Zeit hatten daran unter Umständen allerdings nur mittelbaren Anteil.

„Für Frauen spielte es damals eine große Rolle, ob sie verheiratet waren oder nicht“, erklärt Britta Kägler, Professorin für Bayerische Landesgeschichte an der Universität Passau. Generell hatten Frauen weniger Rechte als ein MannMänner und standen unter der Vormundschaft ihres Mannes oder eines männlichen Verwandten. Besonders eingeschränkt jedoch war der Status einer Unverheirateten. „Sie hatte eigentlich nur die Wahl, zu heiraten oder Nonne zu werden, um ihre Handlungsmöglichkeiten zu erweitern.“ 
 

Rechtlich dem Mann unterstellt

Ehefrauen genossen bereits mehr gesellschaftliches Ansehen. Und wenn sie dann noch einen potenziellen Erben zur Welt gebracht hatten, wurde ihre Rolle als Ehefrau und Mutter weiter gestärkt. „Rechtlich aber blieben verheiratete Frauen immer dem Mann unterstellt“, sagt Britta Kägler. „Den meisten Einfluss auf die eigenen Lebensumstände hatten Frauen erst als Witwe.“

Das zeigt sich beispielsweise bei Kaufmanns- oder Handwerkerwitwen wie Margarete Runtinger in Regensburg oder Kunigunde Hergot in Nürnberg. Als Ehefrauen arbeiteten sie im Handelsgeschäft oder der Werkstatt mit, führten manchmal sogar die Bücher. „Ab dem Spätmittelalter war es zumindest in den höheren und mittleren gesellschaftlichen Schichten üblich, dass Mädchen ein Grundstock an Bildung zu Teil wurde. „In Kaufmannsfamilien“, so Britta Kägler“, erhielten die Töchter sogar oft eine umfangreiche Grundausbildung, die ihnen auch als Ehefrauen nützlich war.

Gefährtin, nicht Gehilfin

Starb der Ehemann, konnten die Frauen den Betrieb weiterführen, wenigstens vorläufig. Denn der Zugang zum Handwerk war zumindest in den Städten durch Zünfte geregelt. Nur als Mitglied einer Zunft durfte jemand die Meisterprüfung ablegen und Lehrlinge ausbilden. Davon hing ab, ob eine Werkstatt auf Dauer fortbestehen konnte. Frauen aber war es nicht erlaubt selbst Mitglied einer Zunft zu werden. „Gab es keinen Sohn, der irgendwann in die Fußstapfen seines Vaters treten konnte, blieb der Witwe langfristig nichts anderes übrig, als den Betrieb entweder zu verkaufen oder einen Gesellen zu heiraten“, erklärt die Passauer Geschichtsprofessorin.

Das Bild, das die Reformation von der Ehe entwarf, stärkte die Gemeinschaftlichkeit der Eheleute. „Martin Luther verstand die Frau als Gefährtin ihres Mannes, nicht als Gehilfin“, erörtert Britta Kägler.
 

„Die Historikerin Heide Wunder hat in den 1990er Jahren einem Satz wieder zu großer Bekanntheit verholfen, der im 16. Jahrhundert das Verhältnis von Mann und Frau umschrieb: ,Er ist die Sonn, sie ist der Mond.‘ Diese Metapher bringt das enge Miteinander des Ehepaars zum Ausdruck."

Britta Kägler, Professorin für Bayerische Landesgeschichte und europäische Regionalgeschichte an der Universität Passau

Die Rolle von Nonnen dagegen werteten die Reformatoren ab. In den Gebieten, die sich der Reformation angeschlossen hatten, wurden die Frauenklöster geschlossen. Gerade für Mädchen waren sie wichtige Bildungsstätten und sogar der einzige Ort, an dem sie überhaupt eine höhere Bildung erwerben konnten. Doch nicht nur diesbezüglich bedeuteten die Klosterschließungen einen Einschnitt von großer Tragweite. Denn für Frauen, die nicht heiraten wollten, stellten die Klöster beinahe den einzigen Weg dar, ein relativ selbstbestimmtes Leben zu führen. Dort boten sich viele Möglichkeiten, von der absoluten Zurückgezogenheit, bis zu einem recht eigenständigen Arbeiten. Kunigunde Niklasin und andere spezialisierte Nonnen waren beispielsweise in den Skriptorien tätig, in denen wertvolle Handschriften gestaltet wurden.

„In einigen Flugblättern, die zur Reformationszeit kursierten, werden Nonnen – Frauen also, die sich für eine ehelose Lebensform entschieden haben – gezielt verunglimpft“, sagt Britta Kägler. 
 

Innerhalb des Haushalts gleichberechtigt

Wie groß dagegen die Wertschätzung von Ehefrauen war, lässt sich der Hausväterliteratur entnehmen. Das ist ein Sammelbegriff für Ratgeber, die ab dem 16. Jahrhundert vor allem von protestantischen Geistlichen geschrieben wurden. „Darin wurde nicht nur erklärt, wie ein Landgut oder ein großer Bauernhof zu bewirtschaften war“, führt Britta Kägler aus. „Die Texte beschrieben auch die ideale Arbeitsaufteilung eines bäuerlichen Ehepaars. Innerhalb des Hauswesens handelten beide gleichberechtigt. Lediglich in der Außenwirkung hatte der Mann das Sagen.“

Diese Situation blieb über Jahrhunderte hinweg bestehen. „In ärmeren Regionen in Bayern entwickelte sich im 18. Jahrhundert zwar Heimarbeit im großen Stil“, ergänzt Britta Kägler. „Im schwäbischen Raum war dies Spinnen – eine klassische Frauentätigkeit. Wenn eine Frau zusätzliche Einkünfte erwirtschaftete, veränderte das natürlich die Strukturen innerhalb einer Familie. Dennoch blieben Frauen, auch noch im 19. Jahrhundert, rechtlich ihrem Mann unterstellt.“


 

Lesetipp

Verschiedene Nürnberger Frauenschicksale in der Reformationszeit hat die Nürnberger Historikerin Nadja Bennewitz in einem 68seitigen Heft zusammengestellt. „Meinten Sie vielleicht, wir sollten einen Mann nehmen? Davor behüt uns Gott!“ erschien bereits 1999, ist aber nach wie vor in vielen Bibliotheken einsehbar sowie in Online-Antiquariaten erhältlich.  

Quellen- und Literaturhinweise 

Schmitz-Esser, Romedio: Um 1500: Europa zur Zeit Albrecht Dürers. Darmstadt, 2023

Kägler, Britta: Dynastische Ehen in der Frühen Neuzeit: Partnerwahl zwischen Sozialprestige und Außenpolitik. In: Geschichte in Wissenschaft und Unterricht, 2014, Vol. 65 (1/2), S.5–20