Eine Gruppe von Hebammen um die Jahrhundertwende.

Hebammen – die rettenden Engel

Der Beruf der Hebamme gehört zu den ältesten der Welt. Er basiert vor allem auf Erfahrung und weitergegebenem Wissen. Jahrhundertelang wurden die Geburtshelferinnen deshalb von Medizinern und Ärzten geschmäht und reglementiert. Sie behaupteten sich trotzdem. 

Nicht nur in Bayern schon immer unersetzlich

Sie haben der Bevölkerung ganzer Dörfer und halber Kleinstädte auf die Welt geholfen. Bei Wind und Wetter sind sie zu den Gebärenden geeilt – zu Fuß, mit dem Fahrrad, später mit einem Mofa oder einem kleinen Auto. Landhebammen waren die Heldinnen der werdenden Mütter. Bis weit in die 1960er Jahre hinein übernahmen Krankenkassen eine Geburt im Krankenhaus nur, wenn sich bereits vorab Schwierigkeiten abzeichneten. Der Normalfall war die Geburt zu Hause.

Also betreuten Frauen wie Eugenie Brang im unterfränkischen Mainaschaff oder Anna Huber im oberbayerischen Königsdorf in den 1930er bis 1960er Jahren an einem Tag bis zu fünf Geburten. Sie waren stets zur Stelle, wenn es notwendig wurde. Und stellten ihren Dienst an den Müttern und Neugeborenen immer weit über ihr Privatleben. 

Die Arbeitsgrundlage: praktisches Wissen

Der Hebammenberuf gehört zu den ältesten Frauenberufen der Menschheitsgeschichte. Den frühen Hochkulturen erschien der Akt der Geburt so magisch, dass Hebammen bei den Babyloniern und Sumerern oder auch in China ein ähnliches Ansehen genossen wie Priester. Die Vermutung, es ginge bei ihrem Wirken nicht immer mit rechten Dingen zu, blieb über Jahrhunderte an ihnen haften. 

Hebammen verfügten bereits in alten Zeiten über umfangreiches Wissen zur Geburt und zum weiblichen Körper. Sie wussten auch viel über Heilkräuter und Medikamente. Ihre Hebammenkunst gaben sie, meist mündlich, von Generation zu Generation weiter.

Strenge Regeln für starke Frauen

Seit dem ausgehenden Mittelalter gab es neben dem Wissen der Hebammen auch die „akademische“ Medizin, die an Universitäten gelehrt wurde. Sie war männlich geprägt und setzte auf theoretisches Wissen. Starben Mutter oder Kind, was bei etwa jeder zweiten Geburt der Fall war, schob man die Schuld den Hebammen in die Schuhe. Ab Ende des 15. Jahrhunderts wurden diese Wegbereiterinnen einer weiblichen Medizin zunehmend schlecht gemacht und bedroht. 

Obwohl Hebammen nur in Einzelfällen Opfer der Hexenverfolgung wurden, sahen die Behörden es als notwendig an, ihre Arbeit zu kontrollieren. 1452 wurde in Regensburg die erste Hebammenordnung erlassen. Die Vorschrift legte fest, dass arme und reiche Frauen gleichermaßen zu versorgen seien. Sie bot eine Richtlinie, wie sich Hebammen in einer Notlage verhalten sollten. Die Regeln betonten zudem, dass Mütter auch nach der Geburt betreut werden sollten, und dass Hebammen keinen Alkohol trinken durften. 

„Die Hebammen sollen einen nüchternen und ehrbaren Lebenswandel führen und durch Gewissenhaftigkeit in Erfüllung ihres verantwortungsvollen Berufes die Liebe und das Zutrauen ihrer Mitbürgerinnen zu erwerben und zu erhalten suchen."

Aus der Dienstanweisung für die Hebammen des Königreichs Bayern, 1899

Auch spätere Hebammenordnungen, etwa die oben zitierte Dienstanweisung aus dem Jahr 1899, schrieben den Hebammen einen vorbildlichen Lebenswandel vor. Gleich an zweiter Stelle wurden die Geburtshelferinnen verpflichtet, den Anweisungen von Ärzten und vorgesetzten Behörden stets zu gehorchen.  

Längst gab es eine staatlich geregelte Ausbildung für Hebammen. Der Würzburger Fürstbischof Friedrich Karl von Schönborn legte 1735 den Grundstein für die ersten Hebammenschulen. Dessen Verordnungen folgten einer generellen Geisteshaltung dieser Zeit: Heilberufe wurden in die Hand von Männern gelegt, die an der Universität studiert hatten. Frauen hatten in diesem System allenfalls als nachgeordnete Helferinnen ihren Platz. 

Deshalb sind nur wenige Schriften von Frauen aus dieser Zeit erhalten. Eine Ausnahme bildet die „Kurze Anweisung christlicher Hebammen“ von Barbara Wiedenmann aus Augsburg. In dem 1738 erschienenen Text beschreibt sie ihre umfassenden Erfahrungen in der Geburtshilfe, unter anderem auch die Verwendung eines Gebärstuhls.

Museumstipp

Einen kleinen, doch recht eindrücklichen Einblick in die Arbeit einer Hebamme im frühen 20. Jahrhundert bietet ein Ausstellungsstück des Heimatmuseums Egling, Schulstr. 13, 86492 Egling a. d. Paar: Dort ist der Aushangkasten einer Landhebamme erhalten, in dem diese hinterlegte, wo sie gerade zu finden war.

Weitere Infos zum Heimatmuseum finden Sie hier

Unersetzlich: Hebammen auf dem Land

Ab Mitte des 18. Jahrhunderts wurden Hebammen mehr und mehr Teil der männlich dominierten, wissenschaftlichen Schulmedizin. Im Lauf der Zeit entstanden spezialisierte Geburtskliniken. Diese waren aber zunächst vor allem Anlaufstellen für Städterinnen. 

Die Versorgung der Schwangeren auf dem Land blieb, bis weit in die 1960er Jahre hinein, vor allem die Aufgabe aufopferungsbereiter Hebammen. 

Dokumentiert ist zum Beispiel das Leben von Anna Huber, die ab 1955 Hebamme im oberbayerischen Königsdorf war. Urlaub hatte sie in ihren insgesamt 48 Berufsjahren keinen. Dennoch blieb sie ihr Leben lang Hebamme aus Leidenschaft und half über 7.000 Kindern auf die Welt.

Eugenie Brang aus Mainaschaff besuchte Ende der 1920er Jahre die Hebammenschule in Bamberg. Danach übernahm sie in ihrem Heimatort das Amt der Gemeinde-Hebamme. 40 Jahre lang übte sie es aus, während des Zweiten Weltkriegs sogar im Luftschutzkeller. Dafür sind die Mainaschaffer ihrem „Scheensche“, wie Eugenie Brang liebevoll genannt wurde, bis heute dankbar. 2023 beschloss der Gemeinderat, eine Straße nach ihr zu benennen.

Quellen- und Literaturhinweise

Lechner, Rita: Weise, ruhig, standhaft, anteilnehmend – und sonst? (Kurzer, allgemeiner Abriss zur Geschichte des Hebammenberufs), abgerufen am 6. Februar 2025

Probst, Christian: Die Reform des Medizinalwesens in Bayern zwischen 1799 und 1808. In: Weis, Eberhard u.a. (Hrsg.): Reformen im rheinbündischen Deutschland. München, 1984, S. 195 – 212

Niedermeier, Hans: Die Regensburger Hebammenordnung von 1452. In: Verhandlungen des Historischen Vereins für Oberpfalz und Regensburg, Bd. 115 (1975), S. 253 – 266

Reisner, Bernhard: Den Hergott hab ich oft gebraucht – Hebammen einst und jetzt. In: Historischer Verein Wolfratshausen (Hrsg.): Ärzte, Hexen, Handaufleger: Medizingeschichte im Isar- und Loisachtal. Wolfratshausen, 2014, S. 105 – 111