Hexenverfolgung – mit dem Bösen im Bund?
Missernten, Krankheiten, totes Vieh – im 16. und 17. Jahrhundert waren die Schuldigen dafür rasch gefunden. Vor allem Frauen wurden beschuldigt, dunkle Mächte beschworen zu haben. Erst das Zeitalter der Vernunft bereitete dem Aberglauben ein Ende.
Die Hexenverfolgung in Franken und anderen bayerischen Regionen
Die Überzeugung, dass manche Menschen mit guten und mit bösen Mächten im Bund stehen, reicht weit in die Antike zurück. Doch erst im 16. und vor allem im 17. Jahrhundert kostete dieser Aberglaube allein in den Gebieten des heutigen Bayern mindestens 4000 Personen das Leben, vor allem Frauen. Gerade zu einer Zeit, in der sich nördlich der Alpen ein neuer Geist und ein neues, modernes Menschenbild verbreitete, setzten die brutalen Verfolgungen ein. Einen ersten Höhepunkt erreichte die Hexenverfolgung etwa zwischen 1580 und 1630.
Die Ursachen dafür sind vielfältig, erklärt der Bamberger Historiker Andreas Flurschütz da Cruz, der sich intensiv mit der Hexenverfolgung – vor allem in Franken – beschäftigt hat. „Ein sehr wichtiger Faktor dabei ist das Wetter“, erläutert er. „Um 1600 kam es zu extremen Wetterveränderungen, die wir heute als ,kleine Eiszeit‘ bezeichnen: Die Sommer waren kurz und nass, die Winter lang und hart. Entsprechend schlecht fielen die Ernten aus, und es kam zu Hungersnöten.“
Wetterwandel und Glaubenskriege
Regionen wie das Voralpenland, in denen Bergbau oder Fischfang die Lebensgrundlagen lieferten, waren von den Folgen des Wetterwandels – und auch von der Hexenverfolgung – nicht so stark betroffen. Weite Teile Frankens und andere landwirtschaftlich geprägte Gegenden entwickelten sich dagegen zu Brennpunkten der Verfolgung. „Die Menschen konnten sich die Auslöser dieser Missernten nicht erklären“, beschreibt Andreas Flurschütz da Cruz, „deshalb suchten sie sie bei magischen Kräften, die in der damaligen christlichen Gesellschaft durchaus verankert waren. Man glaubte nicht nur an Gott und die Heiligen, sondern auch an Dämonen, Hexen und Zauberer.“
Im Glauben lag auch ein weiterer Grund für das Ausbrechen des Hexenwahns: Gut 60 Jahre, nachdem Martin Luther die Reformation und damit das Entstehen einer neuen christlichen Glaubensrichtung eingeläutet hatte, war das Land zwischen katholischer und protestantischer Kirche gespalten. Entsprechend groß war das Konfliktpotenzial und das gegenseitige Misstrauen in der Gesellschaft.
Eine Anklage mit Schneeballeffekt
„Bei Ernteausfällen, aber auch bei um sich greifenden Krankheiten, verendetem Vieh oder plötzlichen Todesfällen ging man davon aus, dass Teufelsmächte am Werk waren“, sagt Andreas Flurschütz da Cruz. „Die Herausforderung bestand darin, möglichst viele Menschen zu fassen, die über diese Mächte verfügten.“ Man ging davon aus, dass Hexen und Zauberer, gleich einer teuflischen Sekte, in Verbindung miteinander standen und gemeinsam Unheil brächten. Deshalb zielten die Verfolgungen nicht nur darauf ab, Einzelpersonen festzusetzen. Die Gefangenen wurden gefoltert, damit sie ihre vermeintlichen Komplizen preisgaben. „Das ergab für weitere Verfolgungen eine Art Schneeball-Effekt“, meint der Bamberger Geschichtsprofessor. Überführte Hexen wurden entweder bei lebendigem Leib verbrannt oder erst getötet und dann verbrannt. Man glaubte, das Böse so endgültig beseitigen zu können. Angeklagt wurden vielerorts vor allem Frauen.
„Man ging davon aus, dass Hexerei an körperlichen Kontakt gebunden war, also an eine Berührung. Von diesem Aberglauben zeugt heute noch der Begriff, Hexenschuss‘. Aber auch durch Nahrungsmittel, die von einer Hexe oder einem Zauberer hergestellt worden waren, so glaubte man, konnte schwarze Magie ihre Wirkung entfalten."
Andreas Flurschütz da Cruz, Professor für Neuere Geschichte an der Universität Bamberg
Berührungen, bei denen theoretisch ein böser Zauber hätte übertragen werden können, fanden vor allem beim Versorgen von Kindern, Alten und Kranken statt. Schon damals war das primär Frauensache. Frauen waren es, die wussten, wie man Schmerzen und Krankheiten mit Heilkräutern lindert. All das machte sie verdächtig. Auch Hebammen gerieten häufig unter Verdacht: Fast die Hälfte der Geburten endeten mit dem Tod von Mutter oder Kind. Und da Hebammen während und nach der Geburt beide berührten, unterstellte man ihnen mangels anderer (medizinischer) Erklärungen, sie hätten die Todesfälle mit bösen Kräften herbeigeführt.
Gegen die um sich greifenden Verfolgungen wehrte sich in der Bevölkerung kaum jemand. 90 bis 95 Prozent der Menschen waren fest davon überzeugt, dass es Hexen und Zauberer gab. Doch auch wirtschaftliche Gesichtspunkte spielten eine Rolle.
Buchtipp
Ein Standardwerk zum Thema Hexenverfolgung ist „Hexen – Glaube, Verfolgung, Vermarktung“ von Wolfgang Behringer, erschienen im C.H. Beck Verlag. Der aus München stammende Historiker gehört auch zu den ersten, die einen Zusammenhang zwischen der Hexenverfolgung und den Wetterveränderungen der „Kleinen Eiszeit“ herstellten.
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Die Hexenverfolgung als Wirtschaftsfaktor
„Viele Menschen haben an der Hexenverfolgung verdient“, erklärt Andreas Flurschütz da Cruz. „Die Prozesse fanden meist in größeren Städten statt und dauerten mehrere Wochen. In dieser Zeit mussten die Festgenommenen verpflegt und untergebracht werden. Kam es zu Verbrennungen, musste der Henker bezahlt und Holz gekauft werden. Für all diese Kosten wurden die Angehörigen der Opfer zur Kasse gebeten.“
Ihren absoluten Gipfelpunkt erreichte die Verfolgung während der ersten Hälfte des Dreißigjährigen Kriegs, etwa zwischen 1620 und 1630. Zu dieser Zeit waren auch viele Männer betroffen. Verdächtigungen wurden sogar gezielt eingesetzt, um mächtigen Bürger Einfluss und Besitz zu entziehen. Als Schweden in den Krieg eintrat, verschoben sich die Kämpfe in die Regionen, in denen die Verfolgung vorher besonders stark war. Nun fehlten Zeit und Geld dafür. Mit dem Zeitalter der Aufklärung und der damit verbundenen größeren Bedeutung von Wissenschaft und Vernunft fand die Hexenverfolgung im 18. Jahrhundert dann in Europa ein letztgültiges Ende.
Quellen- und Literaturhinweise
Wikipedia-Beitrag „Hexenverfolgung im Hochstift Eichstätt“, abgerufen am 12. Februar 2025