Frauen bei der Arbeit in einer Buchbinderei

Mutige Medienfrauen aus Bayern

Sie berichteten über Mode, Kunst, Gesundheit und Haushaltsthemen, bezogen politisch Stellung und warben für mehr Eigenständigkeit und Gleichberechtigung: Seit fast 250 Jahren trägt der Journalismus auch eine weibliche Handschrift.

Rebellinnen mit Feder, Stift und Mikro

Selbstbewusstsein brauchten Frauen im Journalismus schon immer. Bereits 1783 grenzte sich die Schriftstellerin Sophie von La Roche mit ihrer Monatszeitschrift „Pomona für Teutschlands Töchter“ klar gegen die Konkurrenz ab: Andere Magazine „…zeigen meinen Leserinnen, was teutsche Männer uns nützlich (…) erachten. ,Pomona‘ wird Ihnen sagen, was ich als Frau dafür halte“, schrieb sie. Das Heft beschäftigte sich nicht so sehr mit Mode und Schönheit, sondern mit Philosophie und Kunst, Erziehung und Gesundheit, Haushalts- und Ehethemen. Damit brachte sie die Interessen der damaligen Frauen auf den Punkt. Allein schon die russische Zarin Katharina die Große bestellte 500 Abonnements für ihren Hofstaat. 

Sophie von La Roche erwies sich gleich mehrfach als Vorreiterin: Sie ließ als erste Journalistin ihren Namen auf die Titelseite ihrer Zeitschrift setzen. Sie erkannte, wie wichtig es war, dass Frauen für Frauen Themen auswählten und Texte schrieben. Und sie warb im Rahmen dessen, was zu dieser Zeit möglich war, für mehr weibliche Eigenständigkeit.
 

Schreibende Frauen sind geduldet

Wie viele Kolleginnen in den folgenden 100 Jahren war Sophie von La Roche auch als Schriftstellerin tätig. Schreiben war einer der wenigen Berufe, die Frauen im 19. Jahrhundert ausüben durften.
Ab etwa 1850 stieg der Bedarf an Texten rasant. Der Rotationsdruck machte Zeitungen und Zeitschriften günstiger. Neue Titel entstanden in großer Zahl. Als Redakteure wurden meist Männer eingesetzt. Frauen konnten immerhin Beiträge schreiben, ohne sich „unschicklich“ zu verhalten.

Auch die mit der Revolution 1848/49 aufkommende deutsche Frauenbewegung nutzte die neuen Publikationsmöglichkeiten. Zwar durften sich Frauen schon bald in Zeitungen nicht mehr politisch äußern. Aber in Familien- oder Hausfrauenzeitschriften trieben sie ihre Anliegen weiter voran. Ab 1900 waren Frauen vereinzelt im politischen Journalismus vertreten: Sie schrieben über Frauenrechte und soziale Themen. Die Frauenrechtlerinnen Anita Augspurg und Lida Gustava Heymann gaben ab 1919 sogar eine politische Zeitschrift heraus: „Die Frau im Staat“. 

Themen und Bezahlung: selten gleich

Dass Frauen ihr journalistisches Tätigkeitsfeld erweitern konnten, bedeutete nicht, dass sie gleich bezahlt wurden. Deshalb bat der 1913 gegründete Münchner Schriftstellerinnenverein alle Mitglieder, „Arbeiten nicht zu Schleuderpreisen“ abzugeben. Laut Vereinssatzung sollte sich in Redaktionen so die Einsicht durchsetzen, „…dass Frauenarbeit nicht billiger entlohnt werden dürfe als Männerarbeit.“ 

In den 1920er Jahren erschlossen handlichere Kameras Fotografinnen neue Möglichkeiten. Ein neuer Zeitschriftentyp entstand: die Illustrierte. Mit der „Deutschen Stunde in Bayern“ hielt 1924 das Radio Einzug. Ans Mikrofon durften Frauen allerdings kaum – ihre Stimmen galten als zu schrill.
Zementiert blieb, neben der ungleichen Bezahlung, die Themenverteilung: Männer berichteten über Politik und Sport,

Frauen über Ratgeberthemen und Unterhaltung. Ab 1933 stieg der Frauenanteil im Journalismus weiter. Eine „weibliche Note“ sollte Leserinnen das rückwärtsgewandte Frauenbild der Nationalsozialisten schmackhaft machen. 
 

„Die Gabe, auch mit der Feder anmutig und obenhin zu plaudern, ist (den Frauen) oftmals angeboren.“

Der Journalist Jakob Julius David 1906 über die Fähigkeiten seiner Kolleginnen

Mit Ende des NS-Regimes standen die Schalter bei allen Medien auf Null. Da die Nationalsozialisten Presse und Rundfunk gezielt zur Verbreitung ihrer Ideologie genutzt hatten, übernahmen in Bayern zunächst die amerikanischen Besatzungstruppen die Kontrolle. Texte veröffentlichen, Magazine und Zeitungen herausgeben oder beim Rundfunk arbeiten durfte nur, wer nicht im Dienst der Nazis gestanden hatte, und am besten noch ein Mann war. 

Auch im Zeichen dieses Neuanfangs blieben Journalistinnen und Redakteurinnen bei ihren angestammten Themenfeldern – stellten diese nun aber in einen politischen und gesellschaftskritischen Kontext. Ilse Weitsch baute ab Sommer 1945 beim von den US-Amerikanern gegründeten Radio München – dem späteren Bayerischen Rundfunk – einen Frauenfunk auf. Dessen Programm spiegelte die schwierige Lage wider, in der sich Frauen nach dem Krieg befanden. Ilse Weitsch konzipierte Sendungen für Hausfrauen, Mütter und Berufstätige und setzte sich für echte Gleichberechtigung und soziale Themen ein. 
 

Hörfunktipp

Ein Bild von den mutigen Beiträgen des Frauenfunks unter Ilse Weitsch und ihrer Nachfolgerin, Lore Walb, können sich Interessierte noch heute verschaffen: Unter der Rubrik BR Retro ist in der ARD Audiothek eine ganze Reihe politischer Hörfunkreportagen aus diesem Programm abrufbar. Auch Porträts von Frauen, die dem Rollenbild dieser Zeit so gar nicht entsprachen, sind dort eingestellt.

Weitere Infos zu den Hörfunkreprtagen finden Sie hier

Politik trifft Haushaltsthemen

Rosine Speicher erwirkte 1945 bei der US-Besatzung in Nürnberg die Erlaubnis, eine Frauenzeitschrift herauszubringen. Ihre „Frauenwelt“ war genauso ehrgeizig wie Ilse Weitschs Frauenfunk: Sie behandelte nicht nur Mode und Haushalt, sondern bezog auch politisch klar Stellung. Die „Frauenwelt“ pochte auf Frauenrechte und forderte die Aufarbeitung von NS-Verbrechen. 

In den 1950er Jahren änderte sich der gesellschaftliche Grundton – und damit der Geschmack der Leserinnen. Die Sehnsucht nach einer heilen Welt mit klar verteilten Geschlechterrollen wurde von seichteren Magazinen besser bedient. Rebellische - wie die „Frauenwelt“ - mussten ihr Erscheinen nach und nach einstellen. Der Frauenfunk des Bayerischen Rundfunks bestand ein Jahrzehnt länger. 1968 allerdings wurde die zuvor rein weiblich besetzte Redaktion für Männer geöffnet und das Programm in „Familienfunk“ umbenannt. Mit dem neuen Namen änderte sich auch die Ausrichtung. Doch Frauen verschafften sich nun auf vielerlei Weise Gehör.
 

Quellen- und Literaturhinweise

Braun, Annegret: Frauenalltag und Emanzipation. Der Frauenfunk des Bayerischen Rundfunks in kulturwissenschaftlicher Perspektive. München, 2005

Kinnebrock, Susanne: Frauen und Männer im Journalismus. Eine historische Betrachtung. In: Martina Thiele (Hg.): Konkurrenz der Wirklichkeiten – Wilfried Scharf zum 60. Geburtstag. Göttingen: Universitätsverlag Göttingen 2005, S. 101–132, abgerufen am 14. März 2025

Kinnebrock, Susanne: Schreiben für die politische Öffentlichkeit? Frauen im Journalismus um 1900. In: Bland, Caroline, Müller-Adams, Elisa: Frauen in der literarischen öffentlichkeit 1780 – 1918. Bielefeld, 2007, S. 143 – 167

Schmitz, Petra: Druck auf alte Leitbilder – Frauenzeitschriften 1945 – 1949. In: Adolf-Grimme-Institut des Deutschen Volkshochschul-Verbands (Hrsg.): Unsere Medien – Unsere Rebublik. Heft 1 / 1989, S. 26/27