Clara Ziegler: Die Selbstbewusste
Heute ist der Name Clara Ziegler fast vergessen. Ab 1870 aber war die Münchner Schauspielerin ein gefeierter Theaterstar. Sie gab Gastspiele in ganz Europa und gehörte zu den wenigen Frauen, die sich von ihrem eigenen Verdienst eine prunkvolle Villa leisten konnten.


Steckbrief
- Name
- Clara Ziegler
- Geboren
- 1844 in München
- Gestorben
- 1909 in München
- Wichtige Stationen
-
Zeitraum Tätigkeit 1862–1865: „Erste Heldin“ am Stadttheater in Ulm 1870–1903: Gastspielreisen zu allen berühmten Bühnen ihrer Zeit 1910: Gründung der Clara Ziegler-Stiftung, aus der das Deutsche Theatermuseum hervorging München - Zeitalter
- Gründerzeit
- Wirkungsfeld
- Musik und Theater
- Frauenort
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München
Eine 16-jährige will zur Bühne
Wenn sie als Heldin eines klassischen Theaterstücks auf der Bühne stand, jubelte das Publikum in Hamburg oder Wien, in Amsterdam oder Sankt Petersburg. Denn die heute weitgehend vergessene Schauspielerin Clara Ziegler war im späten 19. Jahrhundert der erste wirkliche Star des deutschen Theaters.
Ihre Entscheidung, zur Bühne gehen zu wollen, traf sie als 16-jährige, als ihre Mutter ihr eine Vernunftehe vorschlug. Erste Schauspielstunden bekam das hochgewachsene Mädchen von Hofschauspieler Adolf Christen. Er war seit dem Tod ihres Vaters 1859 auch ihr Vormund und erkannte bald ihr Talent. Später knüpfte er die entscheidenden Kontakte.
Nach schwierigen ersten Jahren wurde Clara Ziegler mit der Eröffnung des Münchner Gärtnerplatztheaters 1865 einem großen Publikum bekannt. Sie ging auf Gastspielreisen und gab auch Solovorstellungen für König Ludwig den II.
„Die Absicht meiner Mutter, mich vermählen zu sollen, brachte eine entscheidende Wendung in mir hervor. Ich fühlte, dass ich eine Künstlerin, eine Schauspielerin werden müsse.“
Clara Ziegler rückblickend in ihrer „Selbstbiographie“
Ein Star mit großen Gesten
Von ihren stattlichen Einkünften baute sich Clara Ziegler eine Villa am Englischen Garten in München. Sie ließ sie genauso ausstatten wie die Häuser, in denen Großbürger und Industrielle lebten. Nur wenige Münchner konnten sich allerdings vorstellen, dass eine Frau so etwas tatsächlich aus eigener Kraft zu finanzieren konnte.
Die selbstbewusste Schauspielerin gab darauf wenig: Sie zeigte ihren Besitz stolz und gab weiter gut bezahlte Gastspiele. Doch ab etwa 1880 begann sich das Theater zu wandeln. Clara Ziegler spielte ihre Rollen mit weit ausladenden Gesten und lauter Stimme. Das wurde langsam unmodern. An einen neuen Stil anpassen aber wollte sie sich nicht. Zwar fand sie auch weiterhin ihr Publikum, bis sie 1904 ihren Abschied von der Bühne nahm. Heute jedoch ist ihr Name nur noch Experten ein Begriff.
Dennoch lebt ihr Andenken weiter: Aus dem Nachlass des kinderlosen Bühnenstars ging das Deutsche Theatermuseum am Münchner Hofgarten hervor.
„Unter den Häusern und Villen jener hübschen Straße am Englischen Garten (…) ragt seit ein paar Jahren ein schlossartiges Gebäude hervor, das (…) durch seinen kühnen Kuppelbau die Blicke aller Vorübergehenden auf sich zieht.“
Die Schriftstellerin Emma Laddey über Clara Zieglers Villa in der „Illustrierten Frauenzeitung“, 1876
Quellen- und Literaturhinweise
Panzer, Marita A.: Clara Ziegler – Die letzte große deutsche Tragödin. München, 2018
Balk, Claudia: Theatergöttinnen – Inszenierte Weiblichkeit. Berlin, 1994
Teibler, Claudia: Die bayerischen Suffragetten. München, 2022