Helene Grünberg: Die Mitreißende
Arbeiterinnen und Dienstboten Gehör zu verschaffen: Das war das lebenslange Anliegen von Helene Grünberg. Als erste Arbeitersekretärin Deutschlands ging sie in die Geschichte ein. Noch wichtiger aber war ihr der Kampf für Gleichberechtigung und für die Rechte von Hausmädchen, Wasch- und Putzfrauen.


Steckbrief
- Name
- Helene Grünberg
- Geboren
- 1874 in Berlin
- Gestorben
- 1928 in Nürnberg
- Wichtige Stationen
-
Zeitraum Tätigkeit ca.1888: Abschluss der Volksschule, Schneiderlehre ab ca.1890: Politisches Engagement, Eintritt in die SPD, Mitglied der Gewerkschaftsbewegung ab 1905: Gewerkschaftliche Arbeitersekretärin in Nürnberg - Zeitalter
- Jahrhundertwende
- Wirkungsfeld
- Politik und Medien
- Frauenort
-
Nürnberg
Eine Organisation auch für weibliche Arbeiter
Sie muss eine mitreißende Rednerin gewesen sein. Und eine kluge Strategin, wenn es darum ging, Arbeiterinnen und Dienstmädchen dazu zu bewegen, für die eigenen Rechte zu kämpfen. Dieser Ruf eilte der Berliner Gastwirtstochter bereits voraus, als sie 1904 in Ansbach das erste Mal bei einer Veranstaltung in Bayern auftrat. Die Gewerkschafter in Nürnberg erkannten rasch, dass sie genau so jemanden brauchten. Denn Frauen machten in den Fabriken der Stadt zwar fast ein Drittel der Belegschaft aus. Doch nicht einmal zehn Prozent von ihnen waren gewerkschaftlich organisiert. Das sollte sich ändern.
Im Juli 1905 wurde Helene Grünberg von den Nürnberger Gewerkschaften als erste Arbeitersekretärin in ganz Deutschland eingestellt. Ihre Aufgabe erledigte sie mit größtem Erfolg: Bereits nach zwei Jahren hatte sie die Anzahl der weiblichen Gewerkschaftsmitglieder verdreifacht. 1910 lag deren Zahl bei 11.040 und damit wesentlich höher als in München oder Augsburg.
„Wenn nicht alle Blütenträume der Frauenwelt im ersten Revolutionsjahr in Erfüllung gehen konnten, so muss auch hier gedacht werden, auf einen Hieb fällt kein Baum.“
Helene Grünberg 1920, ein Jahr nach Erteilung des Frauenwahlrechts
Gegen die Willkür von Dienstherren
Helene Grünbergs Hauptaugenmerk jedoch ruhte auf etwas Anderem: Sie wollte die Rechte von Frauen – Dienstmädchen, Wasch- und Putzfrauen – stärken, die weder von den Gewerkschaften noch von arbeitsrechtlichen Reformen erfasst wurden –. Diese Frauen lebten meistens mit ihren Dienstherren in einem Haushalt und waren vollkommen von deren Wohlwollen abhängig. Dennoch gelang es der engagierten Gewerkschafterin, sie in einem Dienstbotenverein zu organisieren. Auf diese Weise ebnete sie Wege, um auf diese oft ausbeuterischen Arbeitsverhältnisse Einfluss zu nehmen.
Auch für das Frauenwahlrecht machte sich Helene Grünberg stark. Während des Ersten Weltkriegs jedoch musste sie jegliche politische Tätigkeit einstellen. Stattdessen kümmerte sie sich um bedürftige Kinder. Zwar nahm sie 1918 ihr altes politisches Engagement wieder auf. Ein Nervenleiden zwang sie 1924 jedoch, in den Ruhestand zu gehen. Vier Jahre später nahm sie sich das Leben.
Lange Zeit war Helene Grünbergs wichtiger Beitrag im Kampf um soziale Rechte nahezu vergessen. Inzwischen aber hat der Gewerkschaftsverbund ver.di Mittelfranken seine Nürnberger Niederlassung nach ihr benannt.
„Ich bin Sozialistin! Solange ich lebe, werde ich für die Arbeiterinnen arbeiten und werde mir dieses Lebensziel von niemandem verekeln lassen!“
Helene Grünberg bei der Wiederaufnahme ihrer politischen Aktivitäten 1918
Quellen- und Literaturhinweise
Plößl, Elisabeth: Helene Grünberg (1874-1928). Sozialdemokratin und erste Arbeitersekretärin in Deutschland. In: Panzer, Marita, Plößl, Elisabeth (Hrsg.): Bavarias Töchter. Frauenporträts aus fünf Jahrhunderten. Regensburg 1997, S. 258 – 261