Eine Frau steht in einem Torbogen und schaut in die Ferne.
Monika Keiler

Die Mutmacherin

Mit 27 Jahren machte sie sich mit einer eigenen Kanzlei selbstständig und baute diese als alleinerziehende Mutter weiter aus. Für Pamela Baierl hat Steuerberatung nicht nur mit Zahlen zu tun, sondern vor allem mit Menschen. Sie möchte das eher verstaubte Image der Branche aufpolieren und zeigt mit ihrem überwiegend weiblichen Team, wie das geht. 

Über ...

Pamela Baierl ist überzeugt, dass Steuerberatung aus mehr besteht als Zahlen und Paragrafen. Für sie hat ihr Beruf viel mit Menschen und individuellen Bedürfnissen zu tun. Sie selbst liebt kräftige Farben und setzt auch in ihrer Kanzlei farbliche Akzente. Mit ihrem Team von sieben Frauen und zwei Männern möchte sie die Steuerberatung verständlicher und nahbarer machen. Das Selbstbewusstsein, als Steuerberaterin bunt und persönlich aufzutreten, hat sie sich im Laufe der Zeit zugelegt. Es gibt ihr Kraft, um mit den Ungerechtigkeiten, die sie als Frau erlebt, umzugehen. Eine davon ist, dass Frauen wesentlich mehr leisten müssen, um als gleichwertig anerkannt zu werden – gerade in ihrer Branche. Ihr Ziel ist es, neue Impulse für ein moderneres Frauenbild zu geben, um Stereotype aufzubrechen. Dazu gehört auch mehr Mut – vor allem beim Gründen von Unternehmen. Denn nach ihren Erfahrungen neigen Frauen dazu, sich selbst auszubeuten und unter Wert zu verkaufen. Das möchte Pamela Baierl mit ihren strategischen Beratungen ändern, die sie mit persönlichen Tipps versieht, wie zum Beispiel dem, als Erstes sich selbst ernst zu nehmen. Mit der Strategie, dem inneren Kompass zu folgen, hat sie selbst die besten Erfahrungen gemacht. Ihre Kanzlei, die sie mit flexiblen Arbeitszeiten und Kindermitbringtagen familienfreundlich führt, wurde mehrfach ausgezeichnet. Doch darauf ruht sich Pamela Baierl nicht aus. Gemeinsam mit ihrem Team möchte sie sich kontinuierlich weiterentwickeln und neue Impulse setzen – und zugleich ihren Sohn als verlässliche Begleiterin auf seinem Weg ins Erwachsensein unterstützen.

Podcast: Pamela Baierl im Gespräch

Daniela Arnu: Herzlich willkommen, mein Name ist Daniela Arnu und heute möchte ich Ihnen eine weitere tolle Frau vorstellen aus der Reihe "Bayerns Frauen. Jede anders stark", eine Aktion des Bayerischen Sozialministeriums. Und ich sage: Hallo, herzlich willkommen Pamela Baierl.

Pamela Baierl: Vielen Dank, ich freue mich auch hier zu sein. 

Daniela Arnu: Be taxed, be cool. Das sagen Sie über sich und über Steuern. Sie arbeiten nämlich mit Steuern. Was an Steuern, damit wir das gleich mal geklärt haben, ist cool? 

Pamela Baierl: Also das Coole an Steuern ist: Wir sind ja keine Steuerberechner, wir sind Steuerberater und wir beraten Menschen. Und jeder ist individuell, jeder Mensch, jeder hat seine eigene Lebensgeschichte. Und bei Steuern ‒ es verfolgt einen ja fast ein Leben lang, sodass wir eigentlich die ganzen Lebensgeschichten mitverfolgen. Und das ist spannend, das ist cool, hier für den Mandanten wirklich das Beste rauszuholen ‒ mit Kniffs zu arbeiten, mit Tricks zu arbeiten, die beste Lösung zu finden. Das macht es einfach so spannend. 

Daniela Arnu: Das heißt, das Coole ist dieses viele Menschsein hinter Steuern ‒  also was dahintersteckt?

Pamela Baierl: Genau, das war eigentlich für mich der ausschlaggebende Punkt, als ich meine Prüfung abgelegt habe, wo ich gesagt habe, ich habe eigentlich nur in meinem Leben Steuerberechner kennengelernt und keine wirklichen Berater. Und das Arbeiten mit Menschen war immer das, wo ich gesagt habe, das will ich machen und das soll bei meiner Kanzlei im Vordergrund stehen.

Daniela Arnu: Sie haben eine Steuerkanzlei, Sie haben die früh gegründet, mit 27 schon, jetzt vor 15 Jahren, also im Jahr 2010. Und das Ganze ist in Niederbayern, in Regen. Und Sie sind dieses Jahr als eine Regener Steuerkanzlei ausgezeichnet worden, als beste Unternehmerin oder beste Arbeitgeberin, so heißt es, Deutschland Platz 7 und in Bayern sogar Platz 1. Was macht denn Ihre Kanzlei oder Sie zur besten Arbeitgeberin? 

Pamela Baierl: Das ist eigentlich ganz einfach. Also wir haben uns da nicht beraten lassen und kein großes Konzept entwickelt. Bei mir in meiner kleinen Kanzlei steht wirklich der Mensch im Mittelpunkt, sowohl der Mandant als auch meine Teammitglieder. Und das sind wirklich ganz simple Themen wie Vertrauen, Kompetenz, Verlässlichkeit. Ich lege einfach Wert auf eine Kultur, dass man sich gegenseitig unterstützt, offen spricht miteinander und dass wirklich jeder Einzelne, sowohl der Mandant, aber vor allem die Teammitglieder, dass die gesehen werden und gefördert werden ‒ mit all ihren Fähigkeiten, Fertigkeiten, mit denen sie ausgestattet sind und dass man wirklich versucht, das Beste aus jedem rauszuholen. Das ist so simpel und doch scheinbar so, dass es andere nicht machen oder dass das verloren ging vielleicht auch.

Daniela Arnu: Sie haben gerade gesagt, eine kleine Kanzlei, wie viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind es? Sechs. Und alle Frauen?

Pamela Baierl: Unser Männeranteil steigt tatsächlich. Wir waren dazwischen mal 100 Prozent  Frauenkanzlei, jetzt ist es wieder anders. Wir haben zwei Männer mit an Bord, aber das tut auch gut. Also 100 Prozent ist auch nicht immer so gut, weil man von den Männern natürlich auch sehr viel lernen kann. Die sind einfach anders strukturiert als die Frauen. Und das ist auch sehr gut.

Daniela Arnu: Aber ist denn dieses Sehen ‒ also, dass Sie auch sagen, ich will die Menschen sehen, die Mandanten, die Mitarbeitenden ‒ ist das was, wo Sie sagen würden, das ist eher eine weibliche Kompetenz? 

Pamela Baierl: Ja, das ist eine weibliche Kompetenz.

Daniela Arnu: Kein Klischee?

Pamela Baierl: Nein, kein Klischee. Ich glaube, wir haben da besondere Antennen und das Gespür für die Menschen auch. Und ja, was uns vielleicht doch auch in diesem Bereich so ein bisschen an die Spitze von Bayern oder Deutschland gebracht hat, ist wirklich, dass ich halt einfach die Frauen besonders fördere. Gerade die Themen, die sie belasten, Beruf und Familie unter einen Hut zu bekommen, dass wir einfach Kontakthalteprogramme machen, flexible Arbeitszeiten, Kindermitbringtage.

Daniela Arnu: Das habe ich gesehen. Anstatt Bus und Betag sagen Sie Kindermitbringtage. 

Pamela Baierl: Genau, das ist bei uns seit ein paar Jahren der Kindermitbringtag. Dass ich da vielleicht auch eben weil ich die Probleme kenne, aus eigener Erfahrung, dass man da einfach die Antennen ein bisschen schärfer stellt und einfach da mehr in den Menschen reinhört und versucht Lösungen zu finden, wo vielleicht unter männlicher Führung das eine oder andere vielleicht ein bisschen verloren geht.

Daniela Arnu: Sie haben gerade gesagt, aus eigener Erfahrung. Sie haben 2012 einen Sohn bekommen, der ist jetzt 13. Sie haben damals zwei Jahre die Kanzlei erst gehabt, also als ganz junge Frau. Sie waren 29 zu dem Zeitpunkt. Wie haben Sie das denn überhaupt geschafft? So eine neue Kanzlei selber aufbauen, es ist ja noch eine Aufbauphase vermutlich gewesen und dann kommt ein Kind.

Pamela Baierl: Richtig, das war eine Aufbauphase und ich habe ein bisschen ungewöhnlich gegründet, also wirklich ohne Konzept, weil ich gar keine so klassische Steuerkanzlei eigentlich haben wollte, sondern mich endlich ausprobieren wollte. Ich hatte drei Lehraufträge an drei Hochschulen, weil ich endlich Zeit dafür hatte. Ich habe für meinen ehemaligen Arbeitgeber wieder freiberuflich gearbeitet. Ich habe versucht, die klassische Steuerkanzlei so ein bisschen aufzubauen. Also ich war wirklich in der absoluten Findungsphase und mich ausprobiert. 

Daniela Arnu: Auch so ein bisschen Tausendsassa-Phase, oder?

Pamela Baierl: Ja, doch. Ich war vier Jahre wirklich mit einer 60-Stunden-Woche bei einer der Big Four Gesellschaften. Das war alles sehr eng gestrickt und ich habe mich einfach auf die Zeit gefreut, mich ausprobieren zu dürfen. Ich hatte gar keinen konkreten Plan. Ich war wirklich noch in der Findungsphase und dann wirklich nach ein paar Monaten hieß es dann, ach, jetzt kommt eine neue Aufgabe, sie wird Mutter. Das war dann richtig spannend und dann geht man natürlich nochmal ganz anders auf Kurs und wird konkreter und muss aber auch bestimmte Abstriche machen, bestimmte Lehraufträge, die zu weit waren zum Fahren München-Landshut, die muss man zurückgeben. Plötzlich muss man umplanen, umdenken, umstrukturieren. 

Daniela Arnu: Das ist interessant, das ist tatsächlich so, dass man dann mit Kindern sehr genau planen muss, obwohl ja Kinder vor allem nicht planbar sind, vor allem wenn sie ganz klein sind.

Pamela Baierl: Genau, das war die Schwierigkeit tatsächlich, dass man sagt, okay, also die Schwangerschaft sollte das Muttersein vorbereiten, aber für mich war es auch nochmal eine Vorbereitung, was passiert danach und du kannst das eigentlich nicht planen. Du weißt gar nicht, wie lange du wirklich arbeitest. Gehst du in den Mutterschutz, kannst du in den Mutterschutz gehen? Ein Kind ist nicht planbar, also du kannst nicht planen, ich komme nachher fünf Stunden zurück, zehn Stunden zurück, 20 Stunden zurück. Ein Kind lässt sich nicht planen, also plan das Unplanbare ‒ die Phase kam dann, genau, richtig. 

Daniela Arnu: Und wie haben Sie es dann mit der Kanzlei gemacht, also haben Sie dann delegieren können auch?

Pamela Baierl: Das war auch spannend, weil ich zu dem Zeitpunkt noch gar keine Mitarbeiter hatte. Was aber auch gut war, weil es mir einfach eine bestimmte Flexibilität noch ermöglicht hatte: Es waren keine festen Strukturen da, die ich irgendwie umkrempeln hätte müssen, sondern ich war halt nur eine One-Woman-Show zu dem Zeitpunkt und das kam wirklich erst danach. Ich habe die Kanzlei den Standort nochmal heimatnah verlegt zu meinen Eltern, um Unterstützung zu bekommen auch dort.

Daniela Arnu: Und auch selber in die Nähe gezogen? 

Pamela Baierl: Und auch in die Nähe von meinen Eltern gezogen, beziehungsweise dann ins Haus von meinen Eltern gezogen, wie gesagt, weil eigentlich in der Schwangerschaft schon klar war, dass ich das Kind alleine großziehen werde und dann baut man sich halt auch ein Umfeld, wo man sagt, dann ist es möglich und dann sollte das funktionieren.

Daniela Arnu: Es ist ja so, dass man insgesamt das Gefühl hat, dass bei Frauen es oft so ist ‒ viel stärker als bei Männern ‒ dass man sagt, entweder Karriere oder Kind. Und gerade wenn Sie eine eigene Selbstständigkeit haben, wo man ja wirklich erstmal eine Sicherheit aufbauen muss, hatten Sie da auch manchmal das Gefühl, Sie sind so ein bisschen hin und her gerissen zwischen, ich muss eigentlich eine präsente Mutter sein und gleichzeitig muss ich aber eine toughe Unternehmerin sein?

Pamela Baierl: Ja, ich war hin und her gerissen und das ist ein bisschen ein Prozess, in den man reinwachsen muss. Eine Frau muss ja unheimlich viele Rollen erfüllen, also die Partnerin, die Mutter, die toughe Unternehmerin. Und die sind ja je nach Branche, wo man tätig ist, auch sehr, sehr unterschiedlich. Also gerade in unserem Job in der Steuerberatung muss man sehr tough sein, gerade bei Betriebsprüfungen, bei Bankengesprächen, höchst konzentriert auch natürlich, weil da geht es zum Teil wirklich um sehr viel Geld und das muss halt einfach passen. Und die Steuerthematik an sich ist ja in Deutschland auch nicht die leichteste. Und dann hat man vielleicht nach so einem harten Tag so 10, 15 Minuten auf der Heimfahrt von der Kanzlei und dann muss man in diese liebevolle, in diese herzliche Mutterrolle schlüpfen. Und das war eigentlich immer so die Thematik: dieses Switchen in die verschiedenen Rollen und auch wie man die dann ausfüllt. Es ist so ein Prozess, wo man wirklich reinwächst und zu sagen, okay, es geht nie immer alles gleichzeitig und für alles muss man sich einfach zeitliche Räume schaffen, wo man dann nur das eine macht. Man meint immer, man muss das alles gleichzeitig machen und das funktioniert nicht, weil man nie allem gerecht wird. Und da muss man halt einfach lernen, das zu planen und zu sagen, okay, ich bin dann die Rolle aber zu 100 Prozent. Und der, der mir gegenüber ist, der Mandant oder das Kind oder der Partner, für den bin ich in dem Moment zu 100 Prozent präsent.

Daniela Arnu: Was hat Sie denn zu dieser Frau gemacht, die Sie sind ‒ die so engagiert ist, die in die Rollen schlüpft, die präsent ist, die die Menschen sehen will, die eine liebevolle Mutter sein will, eine dankbare Tochter nehme ich an, auch weil die Eltern viel geholfen haben. Wie sind Sie zu dieser Frau geworden? Was hat Sie da geprägt?

Pamela Baierl: Geprägt haben mich eigentlich immer mal wieder Rückschläge und Herausforderungen. Ich nehme sie mittlerweile sehr dankend an, weil es unheimliche Bereicherungen sind, aus denen man wächst. Es waren mal gesundheitliche Rückschläge, es sind einfach die täglichen Herausforderungen manchmal. Ja, und es ist immer eine Chance zu wachsen. Man geht immer gestärkter hervor. Man darf sich halt nicht entmutigen lassen, sondern man muss das immer als positive Chance sehen, zu wachsen und zu reifen. Und dann wächst man stetig eigentlich. Man kommt nicht so zur Welt, man reift heran.

Daniela Arnu: Das ist ja eine Sache der Haltung ‒ wie man mit Themen umgeht, wie man mit Problemen umgeht und dass man quasi sich einmal schüttelt und dann sagt, okay, was kann ich Positives draus ziehen. Hat das Ihre Mutter, hat das Ihr Vater Ihnen vorgelebt oder haben Sie das an anderer Stelle, hatten Sie sowas wie Vorbilder, also Frauenvorbilder auch? 

Pamela Baierl: Nein, leider tatsächlich nicht. Also im privaten Umfeld, in der Familie eigentlich gar nicht. Ich bin typisches Dorfkind. Da ist die Erwartungshaltung der Gesellschaft an eine Frau eher eine andere, dass sie sich unterordnet, dass sie die Mutterrolle zu 100 Prozent annimmt. Schon gar nicht, dass sie Unternehmerin wird. Da haben mir tatsächlich Rollenvorbilder gefehlt, in dem Bereich. 

Daniela Arnu: Und hatten Sie aber im Umfeld dann jemanden, oder in der Firma, in der Sie eben vorher gearbeitet haben, diese 60 Stunden die Woche, wo Sie gesagt haben, da ist eine Frau, die ist so toll, genauso möchte ich es auch machen? Oder ist es wirklich in Ihnen einfach drinnen? 

Pamela Baierl: Ich hatte tatsächlich eine Wegbegleiterin, die mich immer noch begleitet. Das ist wirklich eine beste Freundin, die mit mir studiert hat, die aber fast 20 Jahre älter ist und die auch gleich nach dem Studium mit drei Kindern in die Selbstständigkeit gesprungen ist. Und die hat mich eigentlich auch immer ermutigt und gepusht. Und wo ich immer gewusst habe, das geht, das ist kein Entweder-oder. Und wenn man seinen Weg gehen will, dann kann man ihn auch immer gehen. Und für mich waren es immer einfach Frauen, die nicht in die Norm gepasst haben.Je älter man wird, glaube ich, ist es dann schon auch so, dass diese Erwartungshaltungen kommen, wie man denn als Mutter zu sein hat, wie man als Frau zu sein hat. Und wir haben eigentlich immer die Frauen inspiriert, die gesagt haben, ich mache es so, wie ich es will und nicht, wie es die anderen von mir erwarten.

Daniela Arnu: Das heißt, Sie haben es dann eben auch so gemacht, wie Sie es wollten und haben eben gleichzeitig das Unternehmen gegründet, sind Mutter geworden, sind am Dorf geblieben, auch aus der Situation heraus mit den Eltern.Was würden Sie denn sagen, als Sie vielleicht 15 waren, wovon haben Sie geträumt? Was für eine Frau wollten Sie werden? 

Pamela Baierl: Ich glaube, als Dorfkind hatte man immer so den Traum, irgendwann kommt die Hochzeit im weißen Kleid und dann bekommt man drei Kinder. Und das größte Lob im Leben ist, wenn die sagen: "Mama, du kochst die besten Spaghetti der Welt." Und damit ist man dann zufrieden und alle sind glücklich. Und ich bin jetzt sehr, sehr froh, dass es nicht so geworden ist, weil ich gewusst habe, einfach, das passt nicht zu meinem Typ. Ich wollte immer etwas bewegen, ich wollte mich immer gesellschaftlich engagieren, eben Führungsrollen einfach auch einnehmen, auch Verantwortung für andere übernehmen. Auch Gesellschaft prägen. 

Daniela Arnu: Sie sind ehrenamtlich auch tätig, was machen Sie da genau? 

Pamela Baierl: Sehr viel eigentlich. Ich war lange Präsidentin bei den Wirtschaftsjunioren und Landesvorsitzende bei den Wirtschaftsjunioren Bayern. Ich war dann fünf Jahre lang zwischen 2014 und 2019 bei der Initiative „FRAUEN unternehmen“  als Vorbildunternehmerin tätig, wo man einfach die Selbstständigkeit für Frauen oder eher für die Mädchen attraktiv macht und einfach als Role Model rausgeht und zeigt, auch das ist ein Weg, auch wenn das in der Gesellschaft so nicht kommuniziert wird. Seit 2020 bin auch im Vorstand der Steuerberaterkammer in München tätig, plus zusätzliche kleinere Ehrenämter wie Elternbeirat.

Daniela Arnu: Das ist auch wieder typisch. Ich war auch in sämtlichen Elternbeiräten und es ist an sich keine Kleinigkeit. Sie beraten zusätzlich auch noch Frauen auf ihrem Weg quasi. Was machen Sie da genau?

Pamela Baierl: Richtig, das ist natürlich auch aus diesem Weg entstanden, wenn man dann doch in eine Art Vorbildfunktion rutscht. Das hat sich dann einfach so entwickelt, dass wir gemerkt haben, bei den Existenzgründungsgesprächen haben wir einen brutal hohen Frauenanteil. Also der war dann immer so 70, 80 Prozent. Und aus diesem ganzen Konstrukt ist dann jetzt auch dieses neue Format entstanden. Das heißt "Queen of Your Business". Das ist rein auf Frauen abgestimmt, um sie einfach zu ermutigen, zu unterstützen. Weil ich gemerkt habe, gerade in diesen Bereichen, was das Business dann anbelangt, hat man auch nicht immer den Ansprechpartner.

Daniela Arnu: An der Stelle mal gefragt: Wie anders gehen denn eigentlich Frauen vor beim Gründen eines Unternehmens als Männer? 

Pamela Baierl: Also Frauen gehen mit einem ganz anderen Blick in die Gründung. Sie planen das Ganze viel sorgfältiger. Und wie Frauen halt sind, die reden gern. Das heißt, sie beziehen mehr Menschen in den Entscheidungsprozess ein, fragen Freunde, fragen den Partner, fragen Familie, was sie davon halten. Sie denken auch langfristiger. Das macht es aber manchmal auch schwieriger, durch dass die sämtliche Szenarien so durchspielen, was denn alles sein könnte, was in der Familie passieren könnte, was mit den Kindern für Schwierigkeiten auftreten könnten. Vielleicht eine pflegebedürftige Schwiegermama. Und dann springen die aber auch ab. Also die spielen wirklich sämtliche Szenarien durch.

Daniela Arnu: Und bei Frauen ist es tatsächlich so, dass dann ein Drittel in etwa, die gründen wollen, gar nicht gründen. Und Männer, die springen einfach ins kalte Wasser. Sie beraten diese Frauen ja: Wie reagieren die denn auf Ihre Beratung? Was hilft ihnen? 

Pamela Baierl: Es hilft tatsächlich, ihnen die Angst zu nehmen, sie könnten beides nicht schaffen. Und auch immer diese, ich nenne es schon fast Selbstgeiselung, dass also eine Frau immer alles schaffen muss. Wo man dann einmal sagt: "Du kannst dir in jedem Bereich Unterstützung holen. Du darfst dir Unterstützung holen. Sei es bei den Kindern, sei es beim Haushalt, sei es fürs Büro in deinem Gewerbe oder was du gründen möchtest. Du darfst das alles!" Wir sind ja immer so, dass wir dann auch nichts abgeben. Und wie gesagt, man muss sehr viel reden tatsächlich und ihnen Mut zusprechen, zu sagen, es geht alles, du schaffst es auch. Frauen haben viel mehr Selbstzweifel als ein Mann. Für einen Mann ist immer klar, er schafft es. Er springt ins kalte Wasser und legt einfach los. Und es ist ja auch klar, dass ihm der Rücken freigehalten wird und er da einfach loslegen kann.  Frauen sind da wesentlich zügeliger und brauchen einfach immer jemanden. Und da ist es auch ganz wichtig, was ich auch immer empfehle, sich wirklich mit Frauen auszutauschen, in Frauennetzwerke zu gehen. Nicht nur ausschließlich, Wirtschaftsjunioren zum Beispiel sind da sehr gemischt, aber es gibt auch Frauennetzwerke, wo man einfach Gleichgesinnte trifft, wo man sagt, die ist in der gleichen Situation. Und das ist wirklich auch wichtig, dass sich, wenn schon die Männer uns nicht supporten, so wie wir das machen, so wie im erfolgreichen Mann steht eine Frau, die ihn da hinbringt. Das ist bei den Frauen nicht so. Also bleibt eigentlich nur der Weg, dass wir Frauen uns gegenseitig unterstützen.

Daniela Arnu: Dennoch ist die Frage, wo stehen wir bei der Rolle der Frau insgesamt? Wie anerkannt ist die Frau? Sie haben ja selber gesagt, dass es auch manchmal vielleicht Irritationen gibt, wenn Sie als Unternehmerin kommen und plötzlich ganz präzise, klar und fokussiert sind und möglicherweise einer denkt, ach, das hätte ich dir jetzt gar nicht zugetraut. 

Pamela Baierl: Ja, es ist schon so: Als Frau, glaube ich, muss man sich die Kompetenz schon viel mehr erarbeiten als die Männer, gerade auch in unserem Bereich. Es gibt Bereiche, wo die Frau leichter gesehen wird. Ich denke jetzt zum Beispiel im kosmetischen Bereich, Frisösen, Mode ‒ da lassen sich die Männer gerne mal von den Frauen beraten und folgen dem Rat der Frau. Wenn es aber dann um so wichtige Themen geht wie in der Finanzbranche oder Steuern, da muss man sich schon wesentlich mehr behaupten, dass die einem wirklich vertrauen und dass man wirklich mit der gleichen Kompetenz gesehen wird wie vielleicht ein männlicher Kollege.

Daniela Arnu: Was würden Sie denn gerne der 27-jährigen Pamela, die vor 15 Jahren gegründet hat, was würden Sie der gerne, oder hätten Sie ihr gern gesagt aus der heutigen Perspektive? 

Pamela Baierl: Ich hätte ihr gesagt, wirklich, du brauchst nicht zweifeln, auch wenn die anderen an dir zweifeln. Der einzige Mensch, der an dich glauben muss, bist du selbst  und wenn du das machst, dann passt es. Dann gehst du deinen Weg und für dich muss er stimmig sein, für dich muss er gut sein und dann wird das Ganze auch gut.

Daniela Arnu: Und Sie haben es geschafft, diesen Weg so zu gehen als Frau, als eine starke Frau "Bayerns Frauen. Jede andere stark."  Das ist die Auszeichnung, die Sie hier heute mitnehmen. Letzte Frage, im nächsten Leben: Frau oder Mann? 

Pamela Baierl: Ganz klar Frau. 

Daniela Arnu: Ich sage vielen Dank fürs Dasein und das offene Gespräch. Pamela Baierl, Inhaberin einer Steuerkanzlei, Unternehmerin und eine bayerische Frauen von "Bayerns Frauen. Jede anders stark". Und wenn Sie noch mehr inspirierende Frauen aus Bayern kennenlernen wollt, dann hören Sie gern auch die anderen Folgen unseres Podcasts "Bayerns Frauen. Jede anders stark", zu finden auf www.bayernsfrauen.de und da gibt es neben dem Podcast auch noch wunderbare Porträts von vielen anderen tollen Frauen. 

 

Bildergalerie: Pamela Baierl

Eine Frau sitzt an einem Schreibtisch mit einem Computer.

Pamela Baierl startete als Alleinerziehende mit einem „Eine-Frau-Betrieb“. 

Drei Dosen mit der Aufschrift "Be tax, be fresh" stehen auf einem Tisch.

Mit frischen Ideen möchte sie andere für die Steuerberatung begeistern. 

Eine Frau mit einer Handtasche läuft durch die Stadt.

Pamela Baierl geht entschlossen vor, um ihre Ziele zu erreichen. 

Thema 1 von 3

Pamela Baierl: Meine Botschaft ... 

Habt den Mut, euren eigenen Weg zu gehen. Der einzige Mensch, der wirklich an euch glauben muss, seid ihr selbst – unabhängig davon, was andere denken oder erwarten. Dann wird euer individueller Weg zu eurer größten Stärke.

Vertraut auf eure eigene Kraft und wartet nicht auf den „perfekten Moment“ – denn der wird niemals kommen. Der richtige Zeitpunkt ist immer genau jetzt. Das Wichtigste dabei: Bleibt authentisch. Fachliche Kompetenz und Persönlichkeit gehören untrennbar zusammen. Es ist keine Frage des Entweder – oder – Seid alles, was ihr sein wollt: Frau. Schön. Erfolgreich.

Als Unternehmerin sehe ich mich in der Verantwortung, Vorbild für andere Frauen zu sein, die ihren eigenen Weg gehen wollen. Ich möchte sie ermutigen, an sich selbst zu glauben, ihre individuellen Stärken gezielt einzusetzen und ihre Träume zu verfolgen. Unternehmertum, Führung und Familie schließen sich nicht aus – sie machen euch einzigartig und stark.