Anna Barbara von Stetten: Die Vorsorgende
Über das Leben und die Persönlichkeit der Wohltäterin ist wenig bekannt. Doch die Schule, die sie mit ihrem Testament 1803 stiftete, besteht bis heute. Vor 220 Jahren ermöglichte sie evangelischen Augsburgerinnen erstmals Zugang zu höherer Bildung.


Steckbrief
- Name
- Anna Barbara von Stetten
- Geboren
- 1754 in Augsburg
- Gestorben
- 1805 in Augsburg
- Wichtige Stationen
-
Zeitraum Tätigkeit 1774: Heirat mit dem Juristen Johann Ferdinand von Stetten 1777: Tod des Ehemanns 1803: Verfassen eines Testaments, das die Gründung einer höheren Mädchenschule vorsieht - Zeitalter
- Aufklärung & Napoleon
- Wirkungsfeld
- Bildung und Erziehung, Soziales
- Frauenort
-
Augsburg
Ein zurückgezogenes Leben
In der Augsburger Bildungslandschaft spielt das 1806 gegründete Stetten-Institut bis heute eine wichtige Rolle. Um so verblüffender ist, dass man über dessen Stifterin kaum etwas weiß. Nur Eckdaten sind bekannt: Anna Barbara von Stetten wuchs in einer großen und, wie es scheint, sehr herzlichen Familie auf. Mit 20 heiratete sie den 31 Jahre älteren Juristen Johann Ferdinand von Stetten. Vermutlich gab es aufgrund der hohen Jugendsterblichkeit zu dieser Zeit kaum Heiratskandidaten in einem passenderen Alter.
Die Gründung einer eigenen Familie blieb der jungen Frau versagt: Als Johann Ferdinand von Stetten 1777 völlig überraschend starb, war die Ehe noch kinderlos.
Die erst 24-jährige Witwe zog sich für den Rest ihres Lebens aus der Gesellschaft zurück. Was sie dachte, womit sie sich beschäftigte, welche Haltungen sie einnahm – all das ist nicht bekannt.
„Hier sollen Schülerinnen so treu wie im elterlichen Haus geleitet werden. Das Ganze aber soll Familie, nicht Kloster sein.“
Aus dem Testament Anna Barbara von Stettens, in dem die Eckpfeiler der Schulrichtlinien festgelegt wurden
Ein familiärer Umgang liegt der Stifterin am Herzen
Briefe, aus denen man sonst auf solche Dinge Rückschlüsse ziehen kann, sind nicht erhalten. Sämtliche Angehörige, denen Anna Barbara von Stetten hätte schreiben können, lebten ebenfalls in Augsburg.
Für soziale Nöte aber muss Anna Barbara von Stetten stets einen wachen Blick gehabt haben: Belegt sind erhebliche Spenden zur Unterstützung von Witwen und Waisen sowie für Krankenhäuser, Kinder- und Altenheime. Auch ihrem Testament lässt sich entnehmen, was ihr am Herzen lag. Darin leitete sie die Gründung einer Schule für evangelische Mädchen in die Wege.
Doch die Regelungen, die darin vorgesehen sind, betreffen nicht nur Organisatorisches. Äußerst wichtig war Anna Barbara von Stetten, dass die Direktorin zu ihren Schülerinnen ein liebevoll-mütterliches Verhältnis pflegte. Für die Schulabgängerinnen gab es eine Umarmung. So schuf Anna Barbara von Stetten auf ihre Weise eine Art Familie, die bis heute besteht.
„Ihr ganzes Leben war geräuschloser und uneigennütziger Tugend gewidmet. Insbesondere übte sie als Witwe eine große, im Stillen wirksame und wahrhaft christliche Milde aus.“
Freiherr Franz Eugen von Seida und Landensberg, ein zeitgenössischer Geschichtsschreiber, über Anna Barbara von Stetten
Quellen- und Literaturhinweise
Anna Barbara von Stettensches Institut (Hrsg.): 200 Jahre Stetten-Institut. Augsburg, 2005
Bregenzer, Madlen: Anna Barbara von Stetten. Ein Beitrag zu ihren Stiftungen und zu ihrer Biographie. In: Historischer Verein für Schwaben (Hrsg.): Zeitschrift des Historischen Vereins für Schwaben, Bd. 87, 1994, S. 143 – 162