Julie Fernsemer: Die Zielstrebige

Schon 1871 gründete Julie Fernsemer im Bezirk Krumbach eine Mädchenschule. Diese war die einzige weiterführende Schule weit und breit. Und sie hatte ein äußerst fortschrittliches Konzept: Sogar Gymnastik und Körperpflege standen auf dem Stundenplan.

Stadtansicht von Augsburg
iStock/RudyBalasko
Illustration Porträt Julie Fernsemer

Steckbrief

Name
Julie Fernsemer
Geboren
1830 in Untereichen b. Altenstadt/Iller
Gestorben
1896 in Krumbach
Wichtige Stationen
Zeitraum Tätigkeit
Nach 1845:Dreijährige Ausbildung bei den Englischen Fräulein in Günzburg
Ab etwa 1850:Ausbildung am Töchterinstitut in Lautrach
1871:Gründung einer Privatschule für höhere Töchter
Zeitalter
Gründerzeit
Wirkungsfeld
Bildung und Erziehung
Frauenort
Krumbach bei Augsburg Kartengrafik mit markiertem Ort Augsburg.

Eine Frau kämpft für eine Schule

Julie Fernsemer muss eine sehr beharrliche und durchsetzungsstarke Frau gewesen sein. Und sie hat Notwendigkeiten erkannt und gehandelt, lange bevor beispielsweise staatliche Stellen dies taten. Denn sie gründete bereits 1871 eine private „Erziehungs- und Unterrichtsanstalt für Töchter höherer Stände“ in Hürben bei Krumbach. Zu diesem Zeitpunkt gab es im gesamten Bezirk Krumbach lediglich eine Volksschule. Die aber war nur für Schüler unter 14 Jahren ausgelegt.

Über das Leben der Schulgründerin ist allerdings wenig bekannt. Sie kam als außereheliches Kind im kleinen Weiler Untereichen zur Welt. Die Mutter war die Tochter eines Söldners, der Vater besaß eine Mühle. Sie hatte also nicht die besten Startchancen für eine gehobene Laufbahn. Dennoch gelang es ihr, sich beim Orden der Englischen Fräulein in Günzburg und einem weiteren Institut zur Lehrerin ausbilden zu lassen.

Ein fortschrittliches Konzept

Die Zeugnisse aus dieser Ausbildungszeit halfen ihr später, den Kampf für die Zulassung ihrer eigenen Privatschule durchzufechten. Für deren Konzept hatte sie klare Vorstellungen: Unterrichtet werden sollten Mädchen zwischen 13 und 18 Jahren. Auf dem Stundenplan standen nicht nur klassische Fächer wie Deutsch, Fremdsprachen oder Handarbeiten. Julie Fernsemer legte auch auf Gymnastik und Körperpflege wert. Religionsunterricht dagegen war nicht vorgesehen, damit auch jüdische Mädchen aufgenommen werden konnten.

Jedes Mal, wenn die regionale Schulinspektion das Institut von Julie Fernsemer überprüfte, waren die Ergebnisse bestens. Und auch die Abschlusszeugnisse der Schülerinnen waren durchwegs gut.

Nach dem Tod der Gründerin wurde die Schule zunächst von ihrem Schwiegersohn, dann von Schulschwestern weitergeführt und schließlich verstaatlicht. Es war mit weitem Abstand die erste weiterführende Schule des gesamten Bezirks. Eine Mittelschule für Jungen wurde erst 1952 eingerichtet.