Anna Caroline de Belleville: Die Umjubelte

Als Kind begeisterte sie Ludwig van Beethoven, als Erwachsene die Komponisten Robert Schumann und Fréderic Chopin. Die Landshuter Pianistin Anna Caroline de Belleville eroberte einen ganzen Kontinent, bevor sie sich in London niederließ, komponierte und an der Royal Academy of Music unterrichtete.

Stadtansicht Landshut
iStock/Xantana
Illustration Porträt Anna Caroline de Belleville

Steckbrief

Name
Anna Caroline de Belleville
Geboren
1806 in Landshut
Gestorben
1880 in München
Wichtige Stationen
Zeitraum Tätigkeit
1816–1820:Ausbildung zur Pianistin in Wien, Begegnungen u.a. mit Beethoven
1831–1839:Hochzeit mit dem britischen Geiger Antonio Oury, Konzertreisen durch ganz Europa
1880:Rückkehr nach Bayern, Tod in München
Zeitalter
1815 - 1848 (Vormärz)
Wirkungsfeld
Musik und Theater
Frauenort
Landshut Kartenvorschau Landshut

Ein berühmtes Wunderkind

Sie wuchs in einer Zeit auf, in der Wunderkinder in den Konzertsälen Europas gefeiert wurden, wie Popstars. Auch die Eltern der in Landshut geborenen Anna Caroline de Belleville erkannten das Talent ihrer Tochter früh. Als sie zehn Jahre alt war, schickten sie sie zur weiteren Ausbildung allein nach Wien. Carl Czerny, ein bis heute bekannter Klavierpädagoge unterrichtete sie. Vier Jahre später organisierte ihr Vater für sie eine große, mehrjährige Konzertreise. 

Auf den ersten Stationen, beispielsweise in Prag, wurde die junge Pianistin umjubelt. In Frankreich aber zeigten sich die Schattenseiten eines solchen Lebens. Vater und Tochter ging das Geld aus, eine Rückreise nach Bayern wurde unmöglich. Entsprechend wuchs der Druck auf die junge Künstlerin. Als sie trotz einer Erkrankung weiter auftrat, brach sie auf offener Bühne zusammen. Trotz dieses Rückschlags setzte Anna Caroline de Belleville ihren einmal eingeschlagenen Weg fort.
 

„Die 14jährige Klavierspielerin setzte alles in Erstaunen durch ihr meisterhaftes Spiel. Eine solche Vollendung in diesem zarten Alter gehört zu den seltensten Erscheinungen.“

Allgemeine musikalische Zeitung, Januar 1822, über einen Auftritt von Anna Caroline de Belleville

Vom Konzertstar zur Komponistin 

Ihre Begabung war so groß, dass sie – anders als andere Wunderkinder – auch als Erwachsene große Erfolge feiern konnte. Der Komponist Robert Schumann schrieb hingerissene Kritiken. Klavier-Legende Fréderic Chopin komponierte für sie einen Walzer.

Bei einem Auftritt in London lernte sie 1831 den Geiger Antonio James Oury (1800 – 1883) kennen. Das Paar heiratete rasch und unternahm bis 1839 ausgedehnte Konzertreisen. Danach ließ sich Anna Caroline de Belleville in London nieder und schlug einen für Frauen zu dieser Zeit unüblichen Weg ein: Sie unterrichtete als Professorin an der Royal Academy of Music. Und sie begann, eigene Kompositionen zu veröffentlichen. Insgesamt schrieb sie über 200 Klavierstücke. 

1880 kehrte sie in das Land ihrer Kindheit zurück. In München wollte sie in einem Pensionat leben, starb aber bald. Begeisterte Kritiken lassen heute noch ahnen, wie eindrucksvoll ihre Auftritte gewesen sein müssen. Viele ihrer  Kompositionen blieben erhalten, warten aber derzeit auf ihre Wiederentdeckung.
 

„Den Kopf ein wenig senkend (…) und die fein gebauten Hände (…) etwas hoch über die Claviatur haltend, herrscht sie mit Leichtigkeit und Grazie über die spielenden Töne.“

Neue Leipziger Zeitschrift für Musik, wohl Robert Schumann, 1834