Anna Wimschneider: Die Arbeitsame
Schon als Kind musste Anna Wimschneider auf dem Bauernhof der Eltern schuften. Während des Zweiten Weltkriegs setzte sich dieses Schicksal auf dem Hof ihres Ehemanns fort. Dabei schlummerte in der Bäuerin eine begabte Erzählerin: Ihre 1984 erschienenen Lebenserinnerungen wurden zum Bestseller.


Steckbrief
- Name
- Anna Wimschneider
- Geboren
- 1919 in Pfarrkirchen
- Gestorben
- 1993 in Pfarrkirchen
- Wichtige Stationen
-
Zeitraum Tätigkeit 1927: Übernahme des elterlichen Neun-Personen-Haushalts nach dem Tod der Mutter 1939: Heirat mit dem Landwirt Albert Wimschneider aus Schwarzenstein 1984: Veröffentlichung der Autobiografie „Herbstmilch – Lebenserinnerungen einer Bäuerin“ - Zeitalter
- NS-Zeit
- Wirkungsfeld
- Landwirtschaft
- Frauenort
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Pfarrkirchen
Bäuerin ohne Hilfe und ohne Maschinen
Der Großteil des Lebens von Anna Wimschneider bestand in einer Plackerei, die man sich heute fast nicht mehr vorstellen kann. Schon als kleines Mädchen musste sie auf dem elterlichen Hof in Neukirchen im Rottal mit anpacken. Und als ihre Mutter im Kindbett starb, musste sie als Achtjährige den kompletten Neun-Personen-Haushalt übernehmen.
1939 heiratete sie den Landwirt Albert Wimschneider aus dem nahegelegenen Örtchen Schwarzenstein. Sie hoffte, als junge Bäuerin ein normales Leben an der Seite ihres Mannes führen zu können. Doch als der Zweite Weltkrieg begann, wurde Albert Wimschneider eingezogen, nur elf Tage nach der Hochzeit. Nun war die gerade Zwanzigjährige wieder für unabsehbar viel Arbeit zuständig. Sie musste nicht nur den Haushalt führen und die hartherzige Schwiegermutter sowie gebrechliche Verwandte versorgen. Sie war auch für die komplette Arbeit im Stall und auf den Feldern zuständig – ohne Strom oder Maschinen.
„Die Schwiegermutter stand unter der Tür und sagte, lauf Dirndl, warum bist du Bäuerin geworden? Sie aber tat nichts.“
Anna Wimschneider in ihrem Buch „Herbstmilch“, 1984
Ein Buch, dass durch Zufall erschien
Anna Wimschneider selbst empfand dieses Leben als hart, aber auch als unscheinbar. Ihre drei Töchter aber waren von dem, was sie aus der Vergangenheit erzählte, so beeindruckt, dass sie die Mutter baten, ihre Erinnerungen aufzuschreiben. Durch die Vermittlung eines Arztes landete dieses Manuskript, eher zufällig, beim Münchner Piper Verlag.
Der Rest ist Legende: Zum ungläubigen Staunen der Verfasserin wurde das unter dem Titel „Herbstmilch“ erschienene Buch 1984 ein Bestseller. Die 1988 von Joseph Vilsmaier gedrehte Verfilmung sahen mehr als zwei Millionen Besucher.
Bis heute ist „Herbstmilch“ in 57 Auflagen erschienen. Inzwischen bringen Anna Wimschneiders Lebenserinnerungen schon einer zweiten Generation von Lesern nahe, wie hart das Landleben jenseits aller verklärenden Romantik früher war.
„Wer soll denn sowas lesen? I bin doch nur fünf und a halbs Jahr in d’Schul ganga.“
Anna Wimschneider in einem Interview des Bayerischen Rundfunks
Quellen- und Literaturhinweise
Wimschneider, Anna: Herbstmilch – Lebenserinnerungen einer Bäuerin. München, 1984
Meister, Monika: „…eine Bäuerin würde ich nicht mehr werden…“. Die Bescheidenheit der Bestseller-Autorin Anna Wimschneider. Manuskript für die Sendung „Bayern – Land und Leute“ des Bayerischen Rundfunks, 1. Januar 2003