Eine Biologin sieht, was Landfrauen brauchen
Der Gedanke, dass Bäuerinnen eine Ausbildung brauchen, war Anfang der 1950er Jahre noch vielen fremd. Generell steckte die Erwachsenenbildung in den Kinderschuhen. Volkshochschulen, die nicht nur Abendkurse, sondern Seminare in einer Art Internat anboten, waren ebenfalls neu. In diesem Umfeld machte sich eine junge Frau daran, landwirtschaftliches Lernen ganz neu zu denken: Brunhild Weber.
Gerade hatte sie Landwirtschaft, Biologie, aber auch Bildhauerei studiert und ihren Doktor gemacht. Eigentlich wollte sie an der Universität bleiben. Da trug ihr der Bayerische Bauernverband die Leitung seiner 1950 gegründeten Bäuerinnenschule auf. Brunhild Weber sagte sofort zu. Denn diese Position machte es ihr möglich, ein völlig neues Ausbildungskonzept zu entwickeln: Angehende Landfrauen sollten mehrere Wochen auf einem Schulungshof zusammenleben. Dabei sollten sie nicht nur Praktisches lernen, sondern auch viel über sich selbst erfahren, und über das Umfeld, in dem sie lebten.
„Es bleibt keine Zeit mehr, so zu leben, wie man es sich einmal gewünscht hat, weil der Zeitdruck immer größer wird. Keine Zeit mehr zu haben, um zu sich selber zu kommen und Kontakte zu anderen zu finden, ist unmenschlich.“
Brunhild Weber zur Stressbelastung von Frauen, in „Erziehungslehre“, 1983
Ausbildungskurse und Hilfsvereine
So vorbereitet, konnten sie gut in ein bäuerliches Leben starten. 1957 zog Brunhild Weber mit dieser Bäuerinnenschule in den Herrschinger Ortsteil Lochschwab um. 1976 wurden die Ausbildungsstätten für Bäuerinnen und Bauern zusammengeschlossen. Die übergreifende Einrichtung leitete Brunhild Weber bis 1987. So konnte sie den „Grundkurs“ für Bäuerinnen über einen Zeitraum von fast 40 Jahren prägen. 1994 wurde er, ohne die Grundlagen zu verändern, zu einem gemeinsamen Grundkurs für männliche und weibliche Landwirte umgewandelt. Als „Herrschinger Grundkurs“ wird er bis heute fortgeführt.
Während ihrer Tätigkeit hatte Brunhild Weber auch die täglichen Mühen und Nöte der Landfrauen im Blick: Sie engagierte sich für Gesundheitsvorsorge und Erholungsmöglichkeiten in Zeiten, in denen Urlaub gerade in der Landwirtschaft nicht möglich war. Und sie gehörte 1968 zu den Mitgründerinnen des Bäuerlichen Hilfsdiensts. Bis heute unterstützt dieser Verein in Not geratene bäuerliche Familien.
„Frauen haben vor allem in Zeiten der Not, in Kriegs- und Nachkriegszeiten bewiesen, dass sie fähig sind, Aufgaben zu übernehmen und Leistungen zu bringen, die weit über die Familie hinausgehen.“
Brunhild Weber über den Weg zur Gleichberechtigung in „Erziehungslehre“, 1983