Fotografin, Musikstudentin, Radiomoderatorin
Möglicherweise wäre ein Stück Bayerischer Rundfunkgeschichte anders verlaufen, wenn Annette von Aretin ihr Geigenstudium zu Ende hätte führen können. Zunächst hatte die vielseitig begabte junge Frau eine Ausbildung als Fotografin gemacht. 1940 schrieb sie sich an der Münchner Musikhochschule ein. Der Zweite Weltkrieg bereitete ihren Plänen ein Ende: Wie alle anderen Frauen musste sie „kriegswichtigen“ Arbeitsdienst leisten. Später konnte sie an ihr Studium nicht mehr anknüpfen.
Dank einer zufälligen Bekanntschaft begann sie 1947 als freie Mitarbeiterin bei der Radiostation, aus der 1949 der Bayerische Rundfunk hervorging. Für die meisten Menschen war das Radio die einzige Ablenkung vom tristen Nachkriegsalltag. Viele Sendungen setzten auf heitere Unterhaltung. Annette von Aretin, die damals noch unter ihrem richtigen Vornamen Marie Adelheid auftrat, übernahm eine humoristische Rolle namens „Ännchen von Kalau“. Daraus leitete sie selbst den eingängigeren Vornamen Annette ab.
„Am Anfang schwamm ich wie eine Weltmeisterin. Dank netter Kollegen (…) erreichte ich dann doch immer wieder das rettende Ufer.“
Annette von Aretin über ihren Start als Leiterin des Besetzungsbüros
Bodenständig und beliebt
Aufgewachsen war Annette von Aretin vor allem im niederbayerischen Münchsdorf. Die Jugend dort vermittelte ihr viel Bodenständigkeit. Sie trug wohl dazu bei, dass sich die aufstrebende Rundfunkmoderatorin ihr Leben lang eine natürliche Offenheit bewahrte.
Denn spätestens 1954 wurde das Gesicht von Annette von Aretin auf einen Schlag bekannt: Sie erhielt eine Stelle als erste Ansagerin des Bayerischen Fernsehens. Ab 1955 wirkte sie zudem in den Vorläufern einer Quizsendung mit, die ab 1961 zu einem der größten Erfolge in der deutschen Fernsehgeschichte wurde: „Was bin ich?“.
Daneben prägte Annette von Aretin das Bayerische Fernsehen auch hinter den Kulissen: 1959 wurde sie Leiterin des neu geschaffenen Besetzungsbüros. Als solche entdeckte sie einige später bekannte Schauspieler für den Bildschirm, beispielsweise Gustl Bayrhammer.
Nach ihrer Pensionierung 1980 trat sie auch weiterhin als Moderatorin auf. Außerdem schrieb sie Bücher, die auch heute noch lesenswert sind.
„Die verlorene Privatheit machte mich scheu, auch wenn man mir freundlich entgegenkam. (…) Doch abgesehen von den Fürs und Widers machte mir, wie uns allen, die Sendung echten Spaß.“
Annette von Aretin über den Erfolg von „Was bin ich?“
Quellen- und Literaturhinweise
Annette von Aretin: Liebes Enkelkind – Erinnerungen an eine Zeit, die du nicht kanntest. München, 1999
Emrich, Ernst: Gespräch mit Annette von Aretin. Sendung im Alpha-Forum des Bayrischen Rundfunks, 26.11.1999