Ilse Weitsch: Die Resolute

Kurz nach Zusammenbruch des NS-Regimes gründete Ilse Weitsch eine Radiosparte speziell für Frauen. Ihre Sendungen gingen nicht nur auf die konkreten Bedürfnisse von Hausfrauen und Berufstätigen ein. Sie bezogen auch klare, oft unbequeme politische Positionen.

Stadtansicht München
iStock/
Illustration Porträt Ilse Weitsch

Steckbrief

Name
Ilse Weitsch
Geboren
1904 in Gelsenkirchen
Gestorben
1958 in München
Wichtige Stationen
Zeitraum Tätigkeit
1921–1923: Besuch eines Frauenkurses an einer der ersten Volkshochschulen in Dreißigacker, Ausbildung zur Krankenschwester
1928–1931:Nachholen des Abiturs, Studium von Pädagogik und Soziologie, Heirat mit Eduard Weitsch
1945–1958:Leiterin des Frauenfunks bei Radio München / dem Bayerischen Rundfunk
Zeitalter
Wirtschaftswunderjahre
Wirkungsfeld
Politik und Medien
Frauenort
München Kartengrafik mit markiertem Ort München.

Von der Erwachsenenbildung zum Rundfunk

Eigentlich war Erwachsenenbildung das Gebiet, für das sich Ilse Weitsch seit ihrer Jugend begeisterte. 1921 hatte sie selbst einen viermonatigen „Frauenkurs“ bei einer der damals neuartigen Volkshochschulen mit Wohnheim im thüringischen Dreißigacker gemacht. Möglicherweise war sie bereits damals ihrem Mann Eduard Weitsch begegnet, der diese Schule leitete. Dennoch ging sie zunächst nach Jena, um sich zur Krankenschwester ausbilden zu lassen. Anschließend holte sie das Abitur nach und fing an, Pädagogik und Soziologie zu studieren. Ab 1930 engagierte sie sich zudem als Lehrerin an verschiedenen Volkshochschulen.

1931 heiratete sie Eduard Weitsch, brach ihr Studium ab und arbeitete in der von ihm geleiteten Schule mit. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 durfte das Ehepaar nicht mehr im Bildungsbereich tätig sein. Über mehrere Umwege landeten die Weitschs in Deisenhofen. Bis 1945 hielten sie sich und ihre inzwischen vier Kinder mit Zeitungsartikeln und Werbetexten über Wasser. 
 

„Ilse Weitsch pflegte den Kontakt zu den Hörern ganz bewusst. Jeden Tag (…) trabte sie gute 20 Minuten (…) zum Bahnhof Deisenhofen. Bestieg damals noch den Dampfzug, schaukelte eine Stunde nach München hinein und unterhielt sich mit den Leuten. Sie wusste, wo der Schuh drückte.“

Die Frauenfunk-Kollegin Liselotte Adam über Ilse Weitschs Art, Themen zu finden

Keine Scheu vor unbequemen Themen 

Mit Zusammenbruch des Dritten Reiches gestaltete die amerikanische Besatzungsmacht in Bayern Presse und Rundfunk neu. Über eine Sendung im so entstandenen „Radio München“ ärgerte sich Ilse Weitsch so sehr, dass sie zum Funkhaus fuhr, um sich zu beschweren. Die Führungskräfte waren von ihrem Auftritt und ihren Vorschlägen jedoch so beeindruckt, dass sie ihr eine Stelle anboten.

Ab diesem Zeitpunkt baute Ilse Weitsch den Frauenfunk auf, mit klugem Blick für die Bedürfnisse sowohl von Hausfrauen wie auch von Berufstätigen. Die Sendungen boten jedoch bei weitem nicht nur praktische Tipps. Ilse Weitsch achtete darauf, dass die Beiträge auch politische Sachverhalte aufgriffen und selbst bei strittigen Themen klar Stellung bezogen. 1958 starb sie völlig überraschend nach einer Gallenoperation.
Die Lücke, die sie hinterließ war groß. Weil viele Kommentare von Ilse Weitsch für Diskussionen gesorgt hatten, suchte der Bayerische Rundfunk in der Neuausschreibung ihrer Stelle gezielt nach einem fügsameren Charakter.
 

„Wir wissen, dass sich gelegentlich noch Männer wehren und meinen, es könnte so weitergehen wie früher, dass sie alleine die Welt gestalten und die Frau in der Zurückgezogenheit (…) ihres häuslichen Herdes belassen können. Diese Vorstellung ist unserer Meinung nach eine Illusion (…), die außerordentlich gefährlich und bedrohend ist.“

Ilse Weitsch in einer Rundfunkansprache 1952

Quellen- und Literaturhinweise

Luthardt, Nicole: „Meine lieben Zuhörer“ – Ilse Weitsch und der Frauenfunk bei Radio München/Bayerischer Rundfunk. In: Österreichisches Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung: Magazin erwachsenenbildung.at, Ausgabe 43, 2021, abgerufen am 17.12.2024

Hasselbring, Bettina: Frauenfunk – Die Anfänge unter Ilse Weitsch, abgerufen am 17.12.2024 

Braun, Annegret: Frauenalltag und Emanzipation. Der Frauenfunk des Bayerischen Rundfunks in kulturwissenschaftlicher Perspektive. München, 2005

Weitsch, Ilse: Soziale Hilfe durch Funk und Presse. In: Gesellschaft für sozialen Fortschritt (Hrsg.): Sozialer Fortschritt, Bd. 1, Nr. 7 (1952), S. 162 – 164

Braun, Annegret: Frauenalltag und Emanzipation. Der Frauenfunk des Bayerischen Rundfunks in kulturwissenschaftlicher Perspektive. München, 2005