Bertha Kipfmüller: Die Wissbegierige

Zwei Doktortitel, zwölf Sprachen und ein streitbarer politischer Geist bis ins hohe Alter. Die Lehrerin Bertha Kipfmüller ging als erste promovierte Frau Bayerns und leidenschaftliche Vorkämpferin für die Gleichberechtigung von Frauen in die Geschichte ein.

Stadtansicht Pappenheim
iStock/3quarks
Illustration Porträt Bertha Kipfmüller

Steckbrief

Name
Bertha Kipfmüller
Geboren
1861 in Pappenheim
Gestorben
1948 in Pappenheim
Wichtige Stationen
Zeitraum Tätigkeit
1877–1879:Ausbildung zur Lehrerin
1886:Gründung des Mittelfränkischen Lehrerinnenvereins, der ersten berufsbezogenen Frauenvereinigung Bayerns
1895–1899:Studium der Germanistik in Heidelberg, Abschluss mit Promotion
Zeitalter
Frauenbewegung
Wirkungsfeld
Bildung und Erziehung
Frauenort
Pappenheim Kartenvorschau Pappenheim

Eine Doktorin kämpft für Bildung

Ein Leben lang lernen zu können: Dieses Ziel verfolgte Bertha Kipfmüller nicht nur für sich selbst. Auch anderen Frauen wollte sie hierzu den Weg ebnen. Sie selbst stammte aus einfachen Verhältnissen. Eine Ausbildung zur Lehrerin konnte sie nur absolvieren, weil sie von ihrem eigenen Lehrer unterstützt und ermutigt wurde.

Als sie die nötigen Examen bestanden hatte und an Schulen unterrichten durfte, gründete sie einen Verein. Ziel war es, die Arbeitsbedingungen für Lehrerinnen, aber auch die Bildungsmöglichkeiten für Frauen generell zu verbessern. 
Sie selbst nutzte sofort die Gelegenheit, als die ersten Universitäten in Deutschland auch Frauen aufnahmen: In Heidelberg studierte Bertha Kipfmüller Germanistik und promovierte. Sie war die erste Frau in Bayern, die regulär einen Doktortitel führen durfte.

Ihr weiteres Anliegen war bereits in den 1890er Jahren der Weltfrieden: Sie trat der noch jungen Friedensbewegung bei und veröffentlichte unter einem Männernamen Texte, die kriegerisches Handeln kritisierten.

„Du passt nicht für Küche und Herd.“

Christian Albert Kipfmüller über seine Tochter Bertha Kipfmüller

Keine Scheu vor politischem Zündstoff

Nach ihrem Studium unterrichtete Bertha Kipfmüller wieder an einer Töchterschule in Nürnberg. Ihre Hoffnung, nun ähnlich viel zu verdienen wie männliche Lehrer mit Universitätsabschluss, wurde allerdings bitter enttäuscht. Auch deshalb hielt sie es für wichtig, ihre Schülerinnen über die Ziele der Frauenbewegung aufzuklären. Das kam bei der Schulleitung gar nicht gut an.

Als sie sich zudem mitten im Ersten Weltkrieg für den Frieden aussprach, hagelte es von ihren Vorgesetzten noch mehr Kritik. Doch Bertha Kipfmüller ließ sich nicht beirren: Sie blieb bis zu ihrer Pensionierung 1926 im Schuldienst. Kaum im Ruhestand, schrieb sie sich an der Universität in Erlangen für Jura ein und promovierte drei Jahre später ein zweites Mal.

„Nebenbei“ lernte sie zwölf Sprachen, darunter Chinesisch und Polnisch. Tagebuch führte die kluge, wissbegierige und engagierte Frau bis vier Tage vor ihrem Tod. Ihre Lebenserinnerungen „Nimmer sich beugen“ sind auch heute noch eine fesselnde, amüsante und hochpolitische Lektüre.

„Ich glaube nicht, dass es zu den schlechtesten Eigenschaften eines Unterrichts gehört, wenn er zum Denken anregt.“

Bertha Kipfmüller, 1909

Quellen- und Literaturhinweise

Kipfmüller, Bertha: „Nimmer sich beugen“. Lebenserinnerungen einer Frauenrechtlerin. Heidelberg, 2013

Liebler, Michael (verantw.): Zwischenfälle – Hörgeschichte auf Radio Z: Bertha Kipfmüller, die „Frauenrechtlerin des Frankenlandes“, abgerufen am 29.1.2025