Charlotte von Kalb: Die Geistvolle

Sie ging eine Vernunftehe ein. Dennoch liebte die Schriftstellerin Charlotte von Kalb leidenschaftlich – erst den Dichter Friedrich Schiller, dann den Literaten Jean Paul. Beiden ebnete sie den Weg nach oben. Ihr eigenes Werk erschien erst nach ihrem Tod.

Stadtansicht Kissingen
Juergen Sack
Illustration Porträt Charlotte von Kalb

Steckbrief

Name
Charlotte von Kalb
Geboren
1761 in Waltershausen
Gestorben
1843 in Berlin
Wichtige Stationen
Zeitraum Tätigkeit
1783–1784:Heirat mit dem Offizier Heinrich von Kalb, Begegnung mit Friedrich Schiller
1793–1794:Friedrich Hölderlin wird Hauslehrer ihres Sohnes, danach Liebesbeziehung zum Dichter Jean Paul
1851:Veröffentlichung ihres Romans „Cornelia“ und weiterer Dichtungen durch ihre Tochter
Zeitalter
Aufklärung & Napoleon
Wirkungsfeld
Literatur
Frauenort
Waltershausen bei Bad Kissingen Kartenvorschau Waltershausen/Saal an der Saale

Die Literatur als Lehrerin

Ein adeliges Fräulein aus dem 18. Jahrhundert galt bereits als gefährdet, wenn es französische Romane las. Das traf auch auf die ausgesprochen lesehungrige Charlotte von Kalb zu, die im Jahr 1761 in einem Barockschlösschen im unterfränkischen Grabfeld das Licht der Welt erblickte. In der Literatur fand das junge Mädchen eine Ahnung davon, was Sehnsucht, Verlangen und Liebe ist – aber auch grundsätzlich Erbauung, Zerstreuung und Bildung.
 
Nachdem die Eltern früh verstarben und sie mit den Schwestern mehrfach die Obhut wechseln musste, wurde die Frage nach einem Ehemann drängend. Mit 22 Jahren heiratete sie den Offizier Heinrich von Kalb. Von Liebe konnte keine Rede sein. Die Liebe fand die junge Ehefrau ein Jahr später, als sie dem noch unbekannten Dichter und Dramatiker Friedrich Schiller begegnete. 
 

„Ich kenne nichts Trivialeres als die Vorstellungen unserer meisten Dichter über die Frauen.“

Charlotte von Kalb 1799 in einem Brief an den Dichter Jean Paul

Dichter, Leidenschaft und ein Roman

Mit Charlotte von Kalb konnte man gut reden, denn sie war gebildet und hatte ihre eigene Urteilskraft entwickelt. Dies bezeugten geistreiche Frauen und Männer, mit denen sie verkehrte, darunter die Dichter Herder, Wieland, Goethe, aber auch Frauen wie die Schriftstellerin Rahel Varnhagen.

Mit Friedrich Schiller ging die verheiratete Charlotte von Kalb eine Liebesbeziehung ein, die sie nicht versteckte und die fünf Jahre anhielt. Eine Ehe kam nicht zustande. Stattdessen verliebte sie sich erneut, und zwar in den Dichter Jean Paul. Charlotte von Kalb war eine Meisterin darin, Verbindungen zu stiften und Menschen (Männer) zu fördern, so gelang es ihr, Jean Paul nach Weimar zu empfehlen.
 
Schließlich griff sie selbst zur Feder, schrieb einen Roman und ihre Lebensgeschichte. Sie starb 1843 beinahe verarmt – ihr Mann und ihr Schwager hatten das große Vermögen der Ostheims durchgebracht – ,erblindet und nach schweren Schicksalsschlägen in Berlin.
 

„Frau von Kalb ist von allen Frauen, die ich je gekannt habe, die geistvollste; ihr Geist hat wirklich wie Flügel, mit denen sie sich, in jedem beliebigen Augenblick, unter allen Umständen, in alle Höhen schwingen kann.“

Die Schriftstellerin Rahel Varnhagen über Charlotte von Kalb

Quellen- und Literaturhinweise

Naumann, Ursula: Schillers Königin. Das Leben der Charlotte von Kalb. Frankfurt, 2006.

Schmitz-Scholemann, Christoph: Femme fatale der Weimarer Klassik – Charlotte von Kalb vor 175 Jahren gestorben, veröffentlicht am 12. Mai 2018, abgerufen am 4. Februar 2025