Ellen Ammann: Die Beherzte

Die gebürtige Stockholmerin Ellen Ammann war nicht nur Mutter von sechs Kindern. Sie gründete auch die Münchner Bahnhofsmission und ließ sich 1919 für den Bayerischen Landtag aufstellen. Und sie gehörte zu den wenigen, die es wagten, Adolf Hitler öffentlich die Stirn zu bieten.

Stadtansicht München
iStock/Luftaufnahme Bayern
Illustration Porträt Ellen Ammann

Steckbrief

Name
Ellen Ammann
Geboren
1870 in Stockholm
Gestorben
1932 in München
Wichtige Stationen
Zeitraum Tätigkeit
1890:Heirat mit dem Münchner Orthopäden Ottmar Ammann, Übertritt zum katholischen Glauben
1897:Gründung der ersten katholischen Bahnhofsmission Deutschlands in München
1919–1932:Abgeordnete im Bayerischen Landtag für die Bayerische Volkspartei
Zeitalter
Frauenbewegung
Wirkungsfeld
Glaube und Religion, Politik und Medien, Soziales
Frauenort
München Kartenvorschau München

Hilfe für bedrängte junge Frauen

Ellen Ammann war eine Frau mit großen Idealen. Und trotzdem verlor sie nie den Blick für ganz praktische Nöte. 1890 hatte die gebürtige Stockholmerin den Münchner Orthopäden Ottmar Ammann geheiratet. Mit ihm zog sie in die bayerische Landeshauptstadt. Zwischen 1892 und 1903 wurde sie Mutter von sechs Kindern. Zudem war sie für die hauswirtschaftliche Versorgung der Klinik ihres Mannes zuständig.

Dies hielt sie aber nicht davon ab, sich sozial zu engagieren: Vor allem der Schutz alleinstehender junger Frauen lag ihr am Herzen. Diese waren an Bahnhöfen besonders gefährdet, weil Mädchenhändler gerade dort auf hilflos wirkende Opfer lauerten. Deshalb wollte Ellen Ammann genau an diesem Ort ansetzen. Von einem Tisch in der südlichen Wartehalle aus stürmten sie und ihre Mitstreiterinnen zu ankommenden Zügen und geleiteten allein reisende junge Frauen sicher aus dem Bahnhof hinaus. Auch für die katholische Kirche engagierte sie sich. Und sie begeisterte sich für die Ziele der Frauenbewegung.
 

„Es ist (…) einem Deutschen sehr schwer (…) zu beweisen, dass die Frau gleich viel wert ist wie der Mann.“

Ellen Ammann 1908 in einem Brief an eine Freundin

Eine offene und unerschrockene Politikerin

Als Frauen ab 1918 wählen durften, trat Ellen Ammann in die Bayerische Volkspartei ein und wurde 1919 in den Bayerischen Landtag gewählt. Politisch setzte sie sich für Arme und Kranke ein. Und 1921 machte sie sich dafür stark, dass Frauen als Schöffinnen und Geschworene bei Gericht zugelassen wurden.

Vor den heraufziehenden politischen Gefahren verschloss sie ebenfalls nicht die Augen: Ellen Ammann gehörte beispielsweise zu den wenigen Mutigen, die 1923 verhinderten, dass der spätere Diktator Adolf Hitler bereits damals die Macht ergreifen konnte. Denn während er in einem Münchner Bierkeller einen Putsch anzettelte, sorgte sie mit Gleichgesinnten dafür, dass Teile der Landesregierung und andere gefährdete Personen aus der Stadt gebracht wurden. Auch Truppen der Reichswehr aus Würzburg rief sie herbei.
 
1932 starb sie völlig unerwartet nach einer Rede im Landtag durch einen Schlaganfall. Die Nationalsozialisten versuchten nach ihrer Machtübernahme, alle Erinnerung an sie auszulöschen. Ihr Andenken aber wird bis heute an vielen Orten hochgehalten.
 

„Die Kollegin Ammann hatte damals mehr Mut bewiesen als manche Herren.“

Franz Matt, 1923 bayerischer Kulturminister, über Ellen Ammanns Beitrag zum Vereiteln des Hitlerputsches

Quellen- und Literaturhinweise

Schmidt-Thomé, Adelheid: Ellen Ammann – Frauenbewegte Katholikin. Regensburg, 2020

Katholischer Deutscher Frauenbund, Landesverband Bayern (Hrsg.): Mein Name ist Ellen Ammann … Broschüre zu einem Stadtrundgang auf Ellen Ammanns Spuren. Download über die Website des Frauenbunds, abgerufen am 3.12.2024

Meister, Monika: Die Bahnhofsmissionarin – Ellen Ammann und die katholische Frauenbewegung. Manuskript zur Hörfunksendung „Land und Leute“ des Bayerischen Rundfunks am 21.9.1986