Emy Roeder: Die Ausdrucksstarke
Mit der Statue einer Schwangeren, die den Kern mütterlicher Gefühle darstellte, wurde Emy Roeder in den 1920er Jahren berühmt. Die Nationalsozialisten aber verdammten ihren ausdrucksstarken Stil. Erst 1955 kam die Künstlerin, die heute zu den wichtigsten deutschen Bildhauerinnen zählt, zu Weltruhm.


Steckbrief
- Name
- Emy Roeder
- Geboren
- 1890 in Würzburg
- Gestorben
- 1971 in Mainz
- Wichtige Stationen
-
Zeitraum Tätigkeit 1912–1915: Bildhauereiausbildung in Darmstadt 1936–1937: Stipendium an der Villa Romana in Florenz, vermittelt durch ihren Künstlerkollegen Hans Purrmann 1955: Teilnahme an der documenta 1 - Zeitalter
- NS-Zeit
- Wirkungsfeld
- Bildende Kunst
- Frauenort
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Würzburg
Tiefe Empfindungen sichtbar machen
Gefühle der Zuneigung und der Gemeinschaft plastisch auszudrücken: Das wurde für die Bildhauerin Emy Roeder zum Lebensthema. Nach ersten Modellierkursen ging die gebürtige Würzburgerin 1911 nach München und Darmstadt, um Bildhauerei zu studieren. 1914/15 zog sie nach Berlin. Dort entdeckte sie den Expressionismus für sich, welchen sie ein Leben lang treu bleiben wird. Bei diesem wird nichts so gezeigt, wie es wirklich aussieht. Stattdessen wird alles, was dargestellt ist, zum Ausdruck persönlicher Empfindungen und Sichtweisen.
Emy Roeder beschäftigte sich vor allem damit, Menschen abzubilden. Ab 1918 drehte sich ihr Werk um Familien-, Geschwister- oder Mutter-Kind-Beziehungen. Als solche ist auch eine ihrer bekanntesten Plastiken zu verstehen, die sie 1918 erstmals in Terrakotta formte: Eine in sich gekehrte „Schwangere“ legt liebevoll die Arme um ihren gewölbten Leib. Mit dieser Plastik wurde die Künstlerin in den 1920er Jahren berühmt.
„Mein ganzes Leben und Arbeiten galt der künstlerischen Straffung. Durch die Jahrzehnte war ich bemüht, die in der Jugend gefundene Formel auf ein immer strengeres, immer einfacheres und edleres Maß zu bringen. Stets aber blieb die Formel, das heißt, ich blieb ich selbst“.
Emy Roeder rückblickend über ihr Werk
Verfolgung und später Ruhm
1933 folgte sie ihrem Mann, dem Bildhauerkollegen Herbert Garbe, zu einem Studienaufenthalt nach Rom. Allerdings kehrte sie mit ihm nicht ins nationalsozialistische Deutschland zurück. Stattdessen schlug sich Emy Roeder bis zum Zusammenbruch der NS-Diktatur unter schwierigen Umständen in Italien durch. In Deutschland durfte sie ihre Arbeiten während des Dritten Reichs wurde ihr dies erschwert. Die Terrakotta-Version ihrer „Schwangeren“ war sogar Teil der Ausstellung „Entartete Kunst“, in der moderne Kunstrichtungen an den Pranger gestellt wurden.
Bis 1950 blieb Emy Roeder in Rom. Dann zog sie nach Mainz, weil sie an der dortigen Hochschule einen Lehrauftrag erhalten hatte. In den folgenden Jahren erfuhr sie weltweite Anerkennung. Als eine von nur sieben Künstlerinnen war sie 1955 auf der ersten documenta vertreten. Auf dieser revolutionären internationalen Kunstausstellung zeigte sie eine Holzversion der „Schwangeren“.
Ihrer Heimat Würzburg blieb sie ihr Leben lang verbunden. Sie ließ sich nicht nur hier bestatten, sondern vermachte der Stadt auch ihren gesamten künstlerischen Nachlass.
Quellen- und Literaturhinweise
Holsing, Henrike u.a. (Hrsg.): Das Kosmische allen Seins. Emy Roeder, Bildhauerin und Zeichnerin. Berlin, 2018
Reese, Beate: Auf der Suche nach Ausdruck und Form. Emy Roeder (1890 – 1971) und die Plastik ihrer Zeit. Würzburg, 2004