Eva Margaretha Reichel: Die Aufgeschlossene
Als ihr Mann starb, übernahm Eva Margaretha Reichel eine große Kulmbacher Brauerei. Sie betrat damit nicht nur ein von Männern dominiertes Feld. Sie bewies auch großen unternehmerischen Mut und Weitblick. Denn sie setzte auf eine Erweiterung des Betriebs und auf umfassende technische Neuerungen.


Steckbrief
- Name
- Eva Margaretha Reichel
- Geboren
- 1824 in Unbekannt
- Gestorben
- 1885 in Unbekannt
- Wichtige Stationen
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Zeitraum Tätigkeit 1857: Tod ihres Ehemanns, des Bierbrauers Wolfgang Reichel, Übernahme der Brautätigkeit 1863: Erwerb eines Grundstücks zum Bau einer Mälzerei; erste Planungen für einen Neubau der Brauerei 1878: Beginn der Erschließung eines großen Grundstücks vor den Toren der Stadt für den Brauereineubau - Zeitalter
- 1848 & Folgejahre
- Wirkungsfeld
- Gastronomie und Genuss, Unternehmertum
- Frauenort
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Kulmbach
Auch Frauen brauen
Im 19. Jahrhundert erlebte das Brauwesen in Bayern einen erheblichen Wandel. Kurfürst Maximilian IV. Joseph – der spätere König Max I. Joseph – und sein Minister Maximilian Joseph Graf von Montgelas trieben entscheidende Reformen voran. Eine übermächtige Regulierung durch den Staat und Wettbewerbshindernisse, die das Brauwesen zuvor behindert hatten, wurden beseitigt. Technische Neuerungen machten es den Brauereien bis zur Jahrhundertmitte möglich, die Bierproduktion erheblich zu steigern.
Wie die meisten Wirtschaftszweige war auch das Brauwesen zu dieser Zeit vor allem in Männerhand. Dabei gab es gerade in diesem Bereich einige herausragende Frauen, die unternehmerischen Weitblick bewiesen. Eine von ihnen war die Brauerswitwe Eva Margaretha Reichel aus der fränkischen Bierhochburg Kulmbach.
Ihr Mann Wolfgang Reichel hatte sich 1846 mit zwei anderen „prauenden Bürgern“ zu einer Brauereigemeinschaft zusammengeschlossen. Es selbst stand an der Spitze des Unternehmens, starb aber bereits 1857.
Eine Pionierin im Einsatz von Dampf und Technik
Eva Margaretha Reichel trat nicht nur an seine Stelle. Sie sah auch, welches Potenzial darin lag, für verschiedene Arbeitsschritte die Kraft von Dampfmaschinen einzusetzen. Schon 1863 kaufte sie ein Grundstück im Kulmbacher Grünwehr, um dort eine moderne Mälzerei zu errichten.
Die umtriebige Witwe gehörte auch zu den ersten, die auf die 1873 in München erprobte Kältetechnik setzten. Diese machte es nicht nur möglich, Bier unabhängig von der Jahreszeit und etwaigen kalten Felsenkellern kühl zu halten. Sie eröffnete außerdem ungeahnte Möglichkeiten, Bier ohne Qualitätsverlust zu exportieren.
Die vorausschauende Unternehmerin erkannte, dass nun für die gesamte Brauerei ein Neubau unumgänglich wurde. Deshalb erwarb sie ein großes Grundstück vor den Toren der Stadt. Die Arbeiten dort begannen 1878. Den Umzug auf das neue Gelände 1892 erlebte Eva Margarethe Reichel zwar nicht mehr. Doch sie hatte mit ihrem Wirken den Grundstein dafür gelegt, dass ihre Brauerei bis in die heutige Zeit weiterbesteht.