Hugeburc von Heidenheim: Die Schriftkundige
Als junge Nonne kam sie von Südengland ins fränkische Heidenheim. Wirklich heimisch fühlte sich Hugeburc dort erst, als sie begann, die Lebensgeschichten der späteren Heiligen Willibald und Wunibald niederzuschreiben. Die Texte wurden rasch berühmt, deren Urheberin aber vergessen.


Steckbrief
- Name
- Hugeburc von Heidenheim
- Geboren
- 730/740 in Wessex, Südengland
- Gestorben
- Unbekannt in Heidenheim
- Wichtige Stationen
-
Zeitraum Tätigkeit Ca. 735/745–760: Jugend im Kloster Wimborne in Dorset Ca. 760: Berufung zum Mitaufbau eines Frauenklosters in Heidenheim durch die Heilige Walburga Ab ca. 781: Abfassen der Lebensgeschichten der Heiligen Willibald und Wunibald - Zeitalter
- Früh- und Hochmittelalter
- Wirkungsfeld
- Glaube und Religion, Literatur
- Frauenort
-
Heidenheim bei Weißenburg in Bayern
Die erste Autorin
Fast 1200 Jahre lang wusste niemand, wer sie war. Zwar war Hugeburcs Werk – die Lebensberichte der Heiligen Willibald und Wunibald – Historikern und Historikerinnen ebenso geläufig wie Theologinnen und Theologen oder Gläubigen. Doch die Nonne hatte sich als Urheberin nur in einem verschlüsselten Vers zu erkennen gegeben. Erst 1931 gelang es einem Lateinexperten, das Rätsel zu lösen. Umso größer war das Staunen: Eine Frau, die zur Zeit Karls des Großen eigene Schriften verfasste, war mehr als ungewöhnlich.
Im frühen Mittelalter konnten nur wenige Menschen lesen und schreiben. Dennoch gab es, gerade in den Klöstern, auch Frauen, die diese Kunst beherrschten. Hugeburc aber ist die Einzige, die darüber hinaus auch selbst als Autorin in Erscheinung trat. Möglicherweise lag in ihrer besonderen Begabung auch die Ursache, warum sie überhaupt von England nach Franken kam.
„Ich, eine Angelsächsin namens Hugeburc, schrieb diese Dinge, in dem ich sie anordnete.“
Entschlüsselter Vermerk Hugeburcs zwischen den Lebensberichten Willibalds und Wunibalds
Das erste Werk: Die Lebensgeschichte eines weit Gereisten
Geboren in Südengland, kam Hugeburc bereits als Fünfjährige ins Kloster Wimborne. Dort lernte sie Lesen und Schreiben und verfasste erste Texte. Auch die später heiliggesprochene Walburga hatte dort gelebt. Wallburga war dann it ihren Brüdern Willibald und Wunibald nach Franken gereist, um das Christentum zu verbreiten. Als sie in Heidenheim ein Frauenkloster gründen sollte, kehrte sie nach Wimborne zurück, um Nonnen auszuwählen, die sie bei der Aufgabe im fremden Land unterstützen konnten. Darunter war auch Hugeburc.
In Heidenheim begegnete die junge Nonne Hugeburc Willibald. Sie hörte ihm zu, wenn er von seinen Reisen ins Heilige Land und nach Kleinasien erzählte und schrieb schließlich seine Lebensgeschichte nieder. Anschließend verfasste sie einen Bericht über das Leben Wunibalds. Diese Aufgabe war weit schwieriger, weil dieser bereits verstorben war. Deshalb befragte Hugeburc seine Weggefährten nach Einzelheiten.
Hugeburcs Texte wurden von Anfang an häufig abgeschrieben und so verbreitet. Sie begründeten den Ruhm der beiden Heiligen, der über Jahrhunderte hinweg anhielt.
Quellen- und Literaturhinweise
Head, Pauline: Who is the nun from Heidenheim? A Study of Hugeburc’s “Vita Willibaldi”. In: Society of the Study of Medieval Languages and Literature (Hrsg.): Medium Aevum, Vol. 71(1), Oxford, 2002, S. 29 – 46
Conti, Aidan: The Literate Memory of Hugeburc of Heidenheim. In: Conti, Aidan u.a. (Hrsg.): Feminist Approaches to Early medieval English Studies. Amsterdam, 2022, S. 317 – 342