Josephine Haas: Die geadelte Dienstbotin
Mit zwölf Jahren war Josephine Haas auf sich allein gestellt. Sie arbeitete als Dienstmädchen, lernte durch Zufall einen Grafen kennen und wurde seine Geliebte. Als dieser ihr einen Teil seines Vermögens überschrieb, spekulierte sie so erfolgreich an der Börse, dass sie eine Stiftung gründen konnte


Steckbrief
- Name
- Josephine Haas
- Geboren
- 1783 in Burglengenfeld
- Gestorben
- 1846 in Wieden bei Wien
- Wichtige Stationen
-
Zeitraum Tätigkeit 1795: Tod der Eltern, Übersiedelung nach Wien, Dienstmädchen beim bayerischen Gesandten Maximilian Emanuel Franz Graf von Lerchenfeld 1812: Geburt der Tochter Louise, Erhalt eines Vermögens von 4000 Gulden durch Graf von Lerchenfeld 1844: Gründung einer Aussteuerstiftung für mittellose Burglengenfelder Mädchen - Zeitalter
- 1815 - 1848 (Vormärz)
- Wirkungsfeld
- Soziales
- Frauenort
-
Burglengenfeld
Eine Begegnung auf der Landstraße
Das Schicksal von Josephine Haas glich zunächst dem Los vieler anderer armer Mädchen ihrer Zeit: 1795 starben kurz nacheinander Vater und Mutter. Sie hinterließen weder Geld noch eine anderweitige Versorgung für ihre Tochter. Um von Verwandten aufgenommen zu werden war Josephine mit zwölf Jahren zu alt. Deshalb war sie vollkommen auf sich alleine gestellt und musste für sich selbst sorgen.
Also versuchte sie, eine Stelle als Dienstbotin zu finden. Doch das gelang ihr weder in ihrer Heimatstadt Burglengenfeld, noch in der nächsten größeren Stadt, Regensburg. Aber sie begegnete auf einer Landstraße Maximilian Emanuel Franz Graf von Lerchenfeld, dem bayerischen Gesandten am österreichischen Hof. In seinem Haushalt fand sie Arbeit. Später nahm er Josephine Haas mit nach Wien. Sie wurde seine Geliebte und bekam 1812 eine Tochter, Louise.
„Nachdem ich mir durch den Segen Gottes … ein namhaftes Vermögen erworben habe (…) so will ich in Anerkennung der guten Erinnerung, welche meine Vaterstadt Burglengenfeld meinem seligen Vater bewahrt (…), jetzt schon einen Teil meines Vermögens zum Besten der in Burglengenfeld (…) geborenen armen Mädchen bestimmen und eine Stiftung machen….“
Josephine Haas, aus einem Schreiben hinsichtlich der Stiftung von 1844
Von der Dienstbotin zur Stifterin
Offiziell zur Frau nehmen aber konnte der Graf sie nicht – wegen des Standesunterschieds, aber auch, weil er bereits verheiratet war. Dennoch wollte er Josephine Haas und das gemeinsame Kind gut versorgt wissen und überschrieb ihr einen Teil seines Vermögens. Von diesem Geld kaufte die junge Mutter Wertpapiere und spekulierte an der Börse. Darin war sie so erfolgreich, dass sie ihr Vermögen vervielfältigen konnte.
Als ihre Tochter schon in Jugendjahren starb, beschloss sie, eine Stiftung einzurichten. In ihrer Heimatstadt Burglengenfeld sollten jedes Jahr zwölf mittellose Mädchen ausgelost werden, die Geld für ihre Aussteuer bekamen. Die Stifterin schrieb genau vor, wie das Stiftungsvermögen anzulegen war, damit es ausreichend Gewinn abwarf.
König Ludwig I. war davon so beeindruckt, dass er Josephine Haas in den Adelsstand erhob. Ihre Stiftung existiert bis heute: Noch immer wird jährlich am 25. März – Josephine Haas‘ Geburtstag – Geld an junge Burglengenfelderinnen aus kinderreichen Familien verlost.
Quellen- und Literaturhinweise
Berwing, Margit: Burglengenfeld. Die Geschichte der Stadt und ihrer Ortsteile. Burglengenfeld, 1996
Zierer Hans (Hrsg.): Festschrift, gewidmet anlässlich der 25-jahrfeier seit der Wiedererfüllung des Stiftungszweckes 1961 der Wohltäterin und Stifterin Josephine Haas. Burglengenfeld, 1986