Julie von Zerzog: Die Vorausschauende
Obwohl sie selbst acht Kinder großzog, verlor Julie von Zerzog die Not anderer nie aus dem Blick. Sie gründete eine Handarbeitsschule, die Frauen aus unteren Gesellschaftsschichten eine Möglichkeit eröffnete, Geld zu verdienen. Heute gilt Julie von Zerzog als frühe Vertreterin der Frauenbewegung.


Steckbrief
- Name
- Julie von Zerzog
- Geboren
- 1799 in Regensburg
- Gestorben
- 1871 in Regensburg
- Wichtige Stationen
-
Zeitraum Tätigkeit 1827: Heirat mit dem Gutsbesitzer und Politiker Adolf von Zerzog 1831: Erbe des väterlichen Schlosses Etterzhausen 1850: Gründung eines Frauenvereins mit Strick- und Nähschule in Regensburg - Zeitalter
- 1848 & Folgejahre
- Wirkungsfeld
- Bildung und Erziehung, Soziales
- Frauenort
-
Etterzhausen
Eine geschäftstüchtige und umsichtige Adelige
Eigentlich war Julie von Zerzog ein Leben beschieden, wie es viele adelige Töchter im 19. Jahrhundert führten. Sie heiratete den Juristen und späteren Politiker Adolf von Zerzog und bekam acht Kinder. Privat zeigte sie sich schon als junge Frau politisch sehr interessiert. Nach außen hin aber erfüllte sie vollkommen die Erwartungen, die die Gesellschaft an eine Adelige hatte. Als sie 1831 das Schloss Etterzhausen und auch eine Firma ihres Vaters erbte, zeigte Julie von Zerzog dennoch, wie geschäftstüchtig sie war: Der Betrieb des Vaters war hoch verschuldet. Doch Julie von Zerzog gelang es, sich mit den Gläubigern zu einigen und so Firma und Schloss zu erhalten.
1844 zog sie nach Regensburg und widmete sich dort sozialen Aufgaben. Vor allem unterstützte sie Frauen der unteren Gesellschaftsschichten. Diese hatten zu dieser Zeit so gut wie keine Möglichkeit, einen Beruf zu erlernen und sich ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Und wenn sie doch Arbeit in einem der allmählich entstehenden Industriebetriebe fanden, war der Lohn für Frauen so schlecht, dass er zum Leben kaum reichte.
„Meine Arbeit war ein kleines, gut gemeintes Scherflein, um die große Not der Zeit zu lindern.“
Julie von Zerzog rückblickend über ihr Engagement für Arbeiterfrauen
Hilfe zur Selbsthilfe
Doch Julie von Zerzog spendete nicht einfach Geld. Stattdessen arbeitete sie daran, die Gesamtsituation armer Frauen zu verbessern: 1850 gründete sie einen Frauenverein, der es sich zum Ziel setzte, Mädchen aus der Arbeiterschaft beruflich weiterzuhelfen. Eine Schule wurde eingerichtet, in der jährlich 90 junge Frauen kostenlos im Nähen, Stricken und Spitzenklöppeln unterrichtet wurden. Dies half gleich in zweierlei Hinsicht: Zum einen konnten die Mädchen danach auf diesen Kenntnissen eine eigenständige Berufstätigkeit aufbauen und, falls sie Kinder hatten, auch in Heimarbeit etwas Hochwertiges herstellen. Entschieden sie sich aber, als Arbeiterin in eine Fabrik zu gehen, waren sie durch die Ausbildung in der Lage, ihre Kleidung selbst anzufertigen und so die Kosten für ihren Lebensunterhalt erheblich zu senken.
Julie von Zerzog leitete diese Schule mindestens acht Jahre lang selbst und kümmerte sich auch um die Auswahl von Schülerinnen und Lehrerinnen. Ihre Arbeit war so erfolgreich, dass die Regensburger Strick- und Nähschule bereits 1854 auf der ersten Allgemeinen Industrieausstellung in München ausgezeichnet wurde. Noch viel höher aber ist Julie von Zerzogs Verdienst zu werten, mit ihrem Einsatz hunderten von jungen Frauen eine Lebensperspektive eröffnet zu haben.
Quellen- und Literaturhinweise
Panzer, Marita: Julie von Zerzog. In: Panzer, Marita, Plößl, Elisabeth: Bayerns Töchter. München, 2015, S. 36 - 40