Von Traunstein nach Schwabing  

Sie war weder Malerin noch Schriftstellerin. Trotzdem wurde sie zum Mittelpunkt jenes ausgelassenen Kreises von Künstlern und Dichtern, der als „Schwabinger Bohème“ Geschichte schrieb. Kathi Kobus wuchs als Tochter eines Pferdehändlers in Traunstein auf. Als sie unehelich schwanger wurde, tobte ihr Vater so sehr, dass sie nach München floh. Ihr Kind starb mit nur vier Monaten. Trotzdem entschied sich die junge Frau, nicht mehr in ihre Heimatstadt zurückzukehren. 

Zunächst schlug sie sich als Bedienung durch und betrieb ein Fleisch- und Wurstgeschäft. Dann wurde sie Wirtschafterin, später auch Pächterin der Kneipe „Dichtelei“ am Rand von Schwabing. Hier trafen sich Studenten, aber auch Maler, Künstlerinnen, Theaterleute   und vorwärts gewandte Schriftstellerinnen und Schriftsteller. Kathi Kobus verstand es, selbst einen ganz gewöhnlichen Abend in ein ausgelassenes Fest zu verwandeln. Das sprach sich rasch herum. Bald gingen bei ihr auch Berühmtheiten wie die Dichter Frank Wedekind, Erich Mühsam und Joachim Ringelnatz ein und aus.

„Nun stimmet an mit frohem Sinn / und brüllt aus vollem Leibe / Das Lied der Kathi Kobusin / und ihrer Künstlerkneipe.“

Aus dem „Simplicissimus-Lied“ von Kathi Kobus‘ „Hausdichter“ Ringelnatz

Eine Wirtin wird zur Legende 

Als Kathi Kobus mit ihrer Kneipe umziehen musste, packten sämtliche Gäste mit an. Es gelang ihr sogar, den Verleger Albert Langen zu überreden, dass sie ihr neues Lokal genauso nennen durfte wie dessen vielgelesene Zeitschrift: Simplicissimus. 

Spätestens jetzt wurde Kathi Kobus mit ihrer Kneipe zur Legende. Waren Künstler knapp bei Kasse, bezahlten sie ihre Zeche mit Bildern, die die Wirtin in den Schankraum hängte. Dichter bekamen Freigetränke, wenn sie ihre Werke vortrugen und so die ausgelassene Stimmung anheizten. 

Spätestens 1909 ahnte Kathi Kobus, dass ihr Simplicissimus nicht immer so erfolgreich sein würde. Sie kaufte sich in Wolfratshausen ein Ausflugslokal und nannte es „Kathis Ruh“. 1911 zog sie sich aus Schwabing zurück. 1915 versuchte sie sich noch erfolglos mit einem Weinlokal in Heidelberg, dann kehrte sie als Bedienung in den Simplicissimus zurück. 1929 starb sie, durch die Wirtschaftskrisen jener Zeit verarmt, in München. Der Ruf ihres Lokals aber hallt in München bis heute nach.
 

„Wedekind mit der Gitarre voran, hintendrein marschierten wir anderen mit Tischen und Stühlen, Theke und Weinregalen … Mit einem ausgiebigen Fest wurde die Kathi und ihre Neue Dichtelei‘ gefeiert.“

Der Journalist René Prevot über den Umzug des Lokals von Kathi Kobus 1903

Quellen- und Literaturhinweise 

Teibler, Claudia: Münchnerinnen, die lesen, sind gefährlich. München, 2010, S. 58-65

Dimpfl, Monika: Dichteleien: Kathi Kobus und ihre Kneipen. Manuskript zur Hörfunksendung „Land und Leute“ des Bayerischen Rundfunks, 2003.