Kathi Littich: Die Zupackende

1912 tat die Niederbayerin Kathi Littich etwas für Frauen dieser Zeit Unerhörtes: Sie trat zur Meisterprüfung im Metzgerhandwerk an. Danach hätte sie – fast – international Karriere gemacht. Zwar wurde daraus nichts. Dennoch zeigte sie mit ihrem Schritt deutlich, wozu Frauen in der Lage sind.

Stadtansicht Ergoldsbach
Gemeinde Ergoldsbach
Illustration Porträt von Kathi Littich

Steckbrief

Name
Kathi Littich
Geboren
Unbekannt in Unbekannt
Gestorben
Unbekannt in Unbekannt
Wichtige Stationen
Zeitraum Tätigkeit
1912:Bestehen der Meisterprüfung im Metzgerhandwerk, Jobangebot aus New York
Zeitalter
Jahrhundertwende
Wirkungsfeld
Gastronomie und Genuss, Handwerk
Frauenort
Ergoldsbach Kartenvorschau Ergoldsbach

Eine Frau steht ihren Mann

Der Kampf um Frauenrechte fand nicht nur in den Großstädten statt. Und er wurde keineswegs nur in Vereinen geführt. Auch die Ergoldsbacher Metzgerin Kathi Littich erstritt sich 1912 ein Stück Freiheit und Aufmerksamkeit: Sie legte die Meisterprüfung im Fleischerhandwerk ab – eine für Frauen völlig unübliche Leistung. Generell waren sie in Handwerksbetrieben zu jener Zeit kaum vertreten. Und gerade die Arbeit eines Metzgers, zu der auch das Zerlegen ganzer Ochsen gehörte, galt schon wegen der dafür nötigen Kraft als absolut männlich.

Entsprechend groß war das Aufsehen, das die frisch gebackene Metzgermeisterin erregte. Unzählige Zeitungen aus ganz Europa berichteten über sie. Selbst in New York wurde Kathi Littich bekannt, spätestens als ihr ein dortiger Hotelbesitzer ein Jobangebot machte: Für das stattliche Jahresgehalt von 50.000 Dollar sollte sie zwei Jahre lang vor Publikum Schlachttiere zerlegen und Schnitzel und Würste zubereiten.

„Ein nicht aufzuhaltender Fortschritt.“

Allgemeine Fleischer-Zeitung, 1912

Der Ehemann zieht nicht mit 

Die Vorstellung, seine Frau würde in die USA auswandern, überschritt allerdings die Offenheit von Kathi Littichs Ehemann: Er verbot ihr, die Stelle anzutreten. Dies hätte fast eine internationale Krise ausgelöst. Denn der erboste Hotelbesitzer drohte, das Militär seines Landes einzuschalten. Zum Glück konnte der amerikanische Konsul schlichten: Dem Hotelbesitzer wurde für 10.000 Dollar gestattet, Ansichtskarten zu verkaufen, die Kathi Littich mit einem zerlegten Ochsen zeigten. Und die Metzgerin blieb zu Hause bei ihrem Mann in Niederbayern. 

Erst seit 1958 brauchen Frauen in Deutschland keine Zustimmung ihres Ehemanns mehr, um einen Arbeitsvertrag zu unterschreiben. Und es wurde 1977, bis die gesetzliche Einschränkung wegfiel, dass Frauen ihren Beruf nur ausüben dürfen, solange dies mit ihren Pflichten in Haushalt und Familie vereinbar ist. 

„Kriegsausbruch wegen Beefsteaks.“

Aus einem Bericht des Reporters Paul Naulais, 1912

Quellen- und Literaturhinweise 

Julia Maier: Fleisch und Feminismus. Veröffentlicht am 14.2.2022 auf www.kulturheimat.de