Anfänge mit Äpfeln und Orangen 

Sie brachte regelmäßig das Zirkuspublikum zum Staunen. Und Millionen US-amerikanischer Zuschauer saßen mit offenem Mund vor den Bildschirmen, wenn Lottie Brunn in einer Fernsehshow auftrat. Besonders in den 1950er und 1960er Jahren galt die Jongleurin, die als eine der ersten Frauen ihres Fachs die große Manege eroberte, als absolute Sensation.

Ihren Anfang nahm die beispiellose Erfolgsgeschichte im beschaulichen Aschaffenburg. Hier wuchs sie mit einem älteren Bruder und zwei jüngeren Schwestern auf. Der Vater, mehrfacher deutscher Meister im Turmspringen, hatte das Jonglieren mit Steinen während seiner Kriegsgefangenschaft im Ersten Weltkrieg erlernt.
Diese Technik brachte er seinen älteren beiden Kindern bei, Lottie Brunn und ihrem Bruder Franz. Die jonglierten zunächst mit Äpfeln, Orangen oder sogar Toilettenpömpeln.

„Jonglieren ist hart. Es kostet viele Nerven und noch viel mehr Arbeit.“

Lottie Brunn rückblickend in einem Interview, 1997

Von der Assistentin zum Star 

Franz Brunn zeigte sich so geschickt, dass er eine Zirkusschule besuchte. Als er seine ersten Nummern ausarbeitete, bezog er seine Schwester mit ein. Der Erfolg war überragend. Allerdings mussten Franz und Lottie Brunn während des Zweiten Weltkriegs im Unterhaltungsprogramm für deutsche Truppen auftreten. Die Geschwister entzogen sich, indem sie ein Vertragsangebot in Schweden annahmen.

1947 entdeckte sie ein amerikanischer Zirkusmanager bei einer Europareise und verpflichtete das Duo für eine Tournee durch die USA. Anfangs blieb Lottie Brunn die Assistentin ihres Bruders, zeigte in den Nummern aber zunehmend auch ihre eigenen Fähigkeiten.

1951 heiratete sie einen Zirkusdirektor und bekam einen Sohn. Doch statt sich nun zurückzuziehen, startete sie eine erfolgreiche Solokarriere. Ihr Mann versorgte das Kind. Da Lottie Brunn nur 1,50 m groß war, trat sie grundsätzlich mit sehr hohen Absätzen auf, jonglierte aber in atemberaubendem Tempo. Erst mit 60 gab sie ihre aktive Laufbahn auf. Bis heute gilt sie als schnellste Jongleurin der Welt.

„Anderen Jongleuren ging es darum, dass alles gut oder flüssig aussah. Lottie explodierte auf der Bühne.“

David Cain, Archivdirektor der International Jugglers‘ Association, in einem Gespräch mit der New York Times