Margarita Calvary: Die Rückkehrerin

Mit 15 Jahren musste Margarita Calvary vor den Nationalsozialisten fliehen. Nach einem halben Jahr in London reiste sie nach Argentinien weiter. Dort gründete sie zunächst eine Familie, entdeckte aber auch ihre künstlerischen Talente. Als hochbetagte Malerin zog sie wieder in ihre Heimatstadt.

Stadtansicht von Schweinfurt
iStock/Martin Keiler
Illustration Porträt Margarita Calvary

Steckbrief

Name
Margarita Calvary
Geboren
1922 in Schweinfurt
Gestorben
2016 in Schweinfurt
Wichtige Stationen
Zeitraum Tätigkeit
1937–1938:Tod des Vaters, Abbruch der Schule, Flucht vor den Nationalsozialisten nach London
1938–1973:Umzug nach Argentinien, Heirat, Beginn der Beschäftigung mit Malerei
1973–2003:Umzug nach Madrid, erste Ausstellungen auch in Deutschland, Rückkehr nach Schweinfurt
Zeitalter
Ab 1980er Jahre
Wirkungsfeld
Bildende Kunst
Frauenort
Schweinfurt Kartenvorschau Schweinfurt

Von Schweinfurt nach Argentinien

Als junges Mädchen konnte sich Margarita Calvary ihre Lebensträume nicht erfüllen. Zwar wuchs sie als Tochter eines jüdischen Schuhfabrikanten in Schweinfurt behütet auf. Doch als die Nationalsozialisten 1933 die Macht übernahmen, wurde ihr Leben schlagartig schwierig. Zunächst hetzten die Machthaber gegen jüdische Geschäftsleute wie ihren Vater. Dann wurde ihm seine Fabrik genommen. Nach seinem Tod 1937 brach die inzwischen 15-Jährige die Schule ab und floh auf Zureden ihrer Mutter nach London. Ihren Englischunterricht finanzierte sie, indem sie dort als Dienstmädchen tätig war.

1938 reiste sie nach Argentinien weiter, wo bereits ihr Bruder lebte. Sie arbeitete dort als Kindermädchen und Sekretärin, heiratete, ließ sich zur Krankenschwester ausbilden und brachte zwei Töchter zur Welt. 
Dann erinnerte sie sich an alte Träume und Ziele: Mit 41 begann sie, Geigenunterricht zu nehmen und übte so intensiv, dass sie in Streichquartetten auftreten konnte.
 

"Ich lebe mein Leben und kämpfe nicht, um etwas zu erreichen.“

Margarita Calvary in einer für sie gehaltenen Traueransprache, 2016

Späte Karriere als Künstlerin

Ende der 1960er Jahre entdeckte sie ein weiteres Talent: Sie lernte Zeichnen und Malen. Als sie mit ihrem Mann in den 1970er Jahren nach Madrid umzog, war sie so weit, dass sie erste Ausstellungen bestreiten konnte. Sie zeigte ihre Bilder in Madrid, Barcelona und schließlich in einigen Galerien in Deutschland. Der Erfolg war jedes Mal groß. 1985 kam es zu einer ersten Ausstellung in ihrer Heimatstadt Schweinfurt.

Die Freundschaften, die sich aus dieser ersten Begegnung entwickelten – unter anderem zu einigen Schweinfurter Künstlern und zum Oberbürgermeister – waren so fruchtbar, dass sich Margarita Calvary mit 81 Jahren entschloss, an ihren Geburtsort zurückzukehren. 

In einer Schule konnte sie sich ein kleines Atelier einrichten. Mit den Schülern, die dort unterrichtet wurden, arbeitete sie noch bis kurz vor ihrem Tod.
 

„Wenn ich durch die Straßen meiner Stadt gehe, erscheint mir diese wie ein fremder und ferner Ort. Trotzdem, manchmal, in blitzartigen Momenten – beim Einatmen eines vergessenen Geruchs, beim Klang irgendeines Tones, stellte sich ein plötzliches, eigenartiges Gefühl tiefer Zuneigung ein.“

Margarita Calvary über die Wiederbegegnung mit ihrer Heimatstadt 1985

Quellen- und Literaturhinweise

Hofmann, Peter: Text über Margarita Calvary auf der Website „Mein Schweinfurt“, abgerufen am 16.1.2025

Kunstverein Schweinfurt (Hrsg.): Margarita Calvary. Katalog zu einer Ausstellung in der Kunsthalle Schweinfurt, 14. September bis 7. Oktober 2012. Schweinfurt, 2012

Schneider, Erich (Hrsg.): Schweinfurter Museumsschriften 110/2003: Margarita Calvary – Druck-Grafik 1992 – 2002. Schweinfurt, 2003