Sophie Dann: Die Fürsorgliche
Ihr Leben widmete die Erzieherin und Säuglingspflegerin Sophie Dann Müttern und vor allem Kindern – zunächst in Bayern, ab 1939 dann in England. Dort half sie Kindern, die das Konzentrationslager Theresienstadt überlebt hatten, in ein wirkliches Leben zurückzufinden.


Steckbrief
- Name
- Sophie Dann
- Geboren
- 1900 in Augsburg
- Gestorben
- 1993 in Sharpthorne, Sussex
- Wichtige Stationen
-
Zeitraum Tätigkeit 1917–1923: Ausbildungen in Kindererziehung, Säuglings- und Krankenpflege 1939: Flucht vor der Judenverfolgung nach Großbritannien 1941–1946: Pflege von Kriegs- und Heimkindern, sowie von Kindern aus dem Konzentrationslager - Zeitalter
- NS-Zeit
- Wirkungsfeld
- Bildung und Erziehung, Gesundheit, Soziales
- Frauenort
-
Augsburg
Ein Leben für Mütter und kleine Kinder
Dass sie ihr Leben anderen widmen wollte, scheint Sophie Dann schon als junges Mädchen klar gewesen zu sein. Sie lernte gleich mehrere soziale Berufe: Erzieherin, Säuglingspflegerin, schließlich Krankenpflege. Ab 1928 leitete sie das jüdische Waisenhaus in München, musste den Posten aber aus gesundheitlichen Gründen aufgeben. 1930 gründete sie in ihrer Heimatstadt Augsburg eine der damals neuartigen Mütterschulen. Werdende Mütter, aber auch Sozialarbeiterinnen konnten dort alles über den Umgang mit Säuglingen lernen.
Mit Machtübernahme der Nationalsozialisten durfte Sophie Dann als Jüdin ihre Tätigkeit dort allerdings nicht fortsetzen. 1939 floh sie mit ihrer Schwester Gertrud nach London. Durch Zufall kam sie in Kontakt mit Anna Freud. Die Tochter von Sigmund Freud arbeitete daran, mit der von ihrem Vater entwickelten Psychoanalyse auch Kindern zu helfen. 1940 gründete sie das Kinderheim „Hampstead Nurseries“. Die Leitung der Säuglings- und Kleinkinderabteilung übertrug sie 1941 Sophie Dann.
„Sogar nach 55 Jahren bedankten sich noch manche Mütter bei mir für das, was sie damals gelernt hatten.“
Sophie Dann rückblickend über den Erfolg ihrer Mütterschule
Hilfe für die Waisen des Kriegs
Die Schützlinge, die dort betreut wurden, waren vor allem Kinder, die durch die deutschen Luftangriffe auf England ihre Eltern verloren hatten. Sophie Dann sorgte nicht nur dafür, dass es ihnen gut ging. Sie beobachtete auch, mit welchen Ängsten sie seit den Luftangriffen kämpften und wie es ihnen gelang, sich im Kinderheim einzuleben. Ihre Erkenntnisse fasste sie in zwei Schriften zusammen, „Kriegskinder“ (1942) und „Anstaltskinder“ (1943).
Ab Oktober 1945 arbeiteten sie und ihre Schwester Gertrud in Bulldog’s Bank, einem Heim, das gezielt für jüdische Flüchtlingskinder eingerichtet worden war. Im gleichen Monat trafen dort sechs drei- bis vierjährige Waisenkinder aus dem Konzentrationslager Theresienstadt ein. Sophie und Gertrud Dann pflegten diese Kinder und versuchten, sie an ein normales Leben zu gewöhnen und eine Bindung zu ihnen aufzubauen. Auch diesmal schrieb Sophie Dann ihre Beobachtungen nieder. Diesem Text ist es zu danken, dass das bewegende Schicksal dieser Kinder bis heute nicht vergessen ist.
„Diese Kinder (…) waren aufgewachsen ohne Vorstellung von einer normalen Umwelt. (…) Nur große Lastwagen schienen ihnen bekannt zu sein, offenbar eine Erinnerung an die Transportwagen im Konzentrationslager. Außer Hunden kannten sie keine Tiere. Vor diesen hatten sie Anfangs entsetzliche Angst.“
Sophie Dann über den Anfang ihrer Arbeit mit den Kindern aus Theresienstadt
Quellen- und Literaturhinweise
Berger, Manfred: Führende Frauen in sozialer Verantwortung – Sophie Dann. In: Katholische Erziehergemeinschaf Deutschlands (Hrsg.): Christ und Bildung, 10/1994, S. 315
Römger, Gernot (Hrsg.): Vier Schwestern – Lebenserinnerungen von Elisabeth, Lotte, Sophie und Gertrud Dann aus Augsburg. Augsburg, 1998
Sophie Dann: Beobachtungen an Kleinkindern bei der Anpassung an die neue Sprache, ein trauriger und zugleich hoffnungsvoller Bericht. In: Schule und Psychologie, 7 / 1960, S. 375 - 381