Therese Giehse: Die Vielschichtige

Sie gilt als eine der größten Schauspielerinnen des 20. Jahrhunderts. Therese Giehse spielte die berühmtesten Rollen ihrer Zeit und legte sich im Kabarett „Die Pfeffermühle“ mit den Nazis an. Noch mit über 70 arbeitete sie gezielt mit jungen, rebellischen Theatermachern zusammen.

Stadtansicht München
iStock/Luftaufnahme Bayern
Illustration Porträt Therese Giehse

Steckbrief

Name
Therese Giehse
Geboren
1898 in München
Gestorben
1975 in München
Wichtige Stationen
Zeitraum Tätigkeit
1918–1933:Schauspielunterricht, Karriere an den Münchner Kammerspielen, Gründung des Kabaretts „Die Pfeffermühle“
1933–1945:Flucht nach Zürich, Gastspielreisen der „Pfeffermühle“, große Rollen am Zürcher Schauspielhaus
1949–1975: Zusammenarbeit mit den wichtigsten deutschsprachigen Theaterautoren der Zeit, TV-Serie „Münchner Geschichten“
Zeitalter
1960er & 1970er Jahre
Wirkungsfeld
Musik und Theater
Frauenort
München Kartengrafik mit markiertem Ort München.

Ältere Frauen und politisches Kabarett

Therese Giehses Augen schienen alles gesehen zu haben. Skeptisch und humorvoll, lebensklug und voller Güte blickten sie auf eine Welt im Wandel – im realen Leben, aber auch in vielen ihrer Rollen, beispielsweise als Oma Häusler in der legendären Fernsehserie „Münchner Geschichten“ von Helmut Dietl. Mit der Darstellung resoluter älterer Frauen feierte die in München geborene Schauspielerin nicht erst in den 1970er Jahren Erfolge, sondern auch schon Ende der 1920er Jahre. Da war sie selbst noch keine 30, hatte den Künstlernamen Therese Giehse angenommen und war gerade fest bei den Münchner Kammerspiele engagiert worden.

Die Machtübernahme der Nationalsozialisten änderte für Therese Giehse mit einem Schlag alles. Im März 1933 entschloss sie sich zur Flucht in die Schweiz, nicht nur, weil sie als Jüdin die Verfolgung fürchten musste. Mit ihrer damaligen Lebensgefährtin Erika Mann hatte sie noch im Januar dieses Jahres das politische Kabarett „Die Pfeffermühle“ gegründet und mutig gegen rechte Gesinnungen angespielt.

„Und im Übrigen muss jeder tun, was er für richtig hält. Jeder hat seinen eigenen Weg.“

Therese Giehse über schwierige Entscheidungen

Immer offen für Neues

Von der Schweiz aus gab die Pfeffermühle zunächst Gastspiele in Europa. Als der politische Druck zu groß wurde, versuchte die Kabarettgruppe, in den USA Fuß zu fassen, scheiterte jedoch. Erika Mann blieb in Amerika. Therese Giehse kehrte nach Zürich zurück und wurde Mitglied des berühmten Schauspielhauses. Sie stand dort mit einigen der besten, ebenfalls im Exil lebenden Schauspielern ihrer Zeit auf der Bühne. Und sie spielte Rollen, die über Jahrzehnte hinweg mit ihr verbunden blieben, beispielsweise die „Mutter Courage“ des Dramatikers Bertolt Brecht.

Ab Ende der 1940er Jahre trat sie wieder in Deutschland auf, glänzte aber auch in Zürich, etwa mit den abgründigen Figuren des Schweizer Schriftstellers Friedrich Dürrenmatt. 1954 zog sie wieder in ihre Heimatstadt München.

Offen für neue Sichtweisen und Theaterformen blieb sie Zeit ihres Lebens. Noch mit über 70 arbeitete sie mit jungen, rebellischen Theatermachern wie Franz Xaver Kroetz zusammen und ebnete ihnen durch ihre Kunst und ihre Berühmtheit den Weg.

„Die Giehse ist nie vordergründig und hat doch nichts Hintergründiges. Das macht sie so sehr groß.“

Der Schriftsteller und Theaterautor Franz Xaver Kroetz über Therese Giehse

Quellen- und Literaturhinweise

Giehse, Therese: „Ich hab nichts zum Sagen“. Gespräche mit Monika Sperr. Gütersloh, 1973

Knetsch, Gabriele: Therese Giehse – ein starker Charakter. Podcast der Reihe BR Radiowissen, veröffentlicht am 4. Januar 2021, abgerufen am 2. Juni 2025

Schmidt, Renate: Therese Giehse – „Na, dann wollen wir den Herrschaften mal was bieten!!“ München, 2008 (Neuausgabe)