Von der Prinzessin zur Forschenden
Zu kaum einer Zeit lebten bürgerliche und adelige Frauen so sehr in einem „goldenen Käfig“ wie in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Das galt ganz besonders für Angehörige von Königshäusern, also auch Prinzessin Therese von Bayern. Sie musste sich den strengen Kleidungs- und Verhaltensregeln des Hofes unterwerfen und konnte sich praktisch nicht frei bewegen. Als ihr Vater Luitpold nach dem Tod König Ludwigs II. die Regentschaft übernahm, wurden diese Zwänge noch schlimmer.
Doch da hatte die Prinzessin für sich selbst längst Fluchtmöglichkeiten gefunden. Sie ging, meist über viele Monate hinweg, auf Reisen. Und sie entwickelte von klein auf ein ausgeprägtes Interesse für Naturwissenschaften. Kenntnisse über Tiere und Pflanzen, in Erd- und Völkerkunde eignete sie sich allerdings großenteils im Selbststudium an. Denn Frauen waren damals an Universitäten nicht zugelassen.
„Freiheit, Freiheit war es, wonach ich leidenschaftlich lechzte, Befreiung von den Fesseln der Konvention.“
Therese von Bayern rückblickend über ihren Drang, zu reisen
Urwälder, steile Pässe, fremde Tiere und Pflanzen
Ab 1888 organisierte sie mehrere straff getaktete Forschungsreisen. Sie führten vor allem nach Mittel- und Südamerika. Therese von Bayern und ihre Mitreisenden paddelten über Urwaldflüsse, bestiegen unwegsame Gebirgspässe und übernachteten mitten in der Wildnis. Überall sammelten sie Tiere und Pflanzen sowie Gebrauchsgegenstände von Urvölkern. Manches davon ist bis heute in Münchner Museen zu sehen.
Das Ansehen ihrer Forschungstätigkeit war so groß, dass sie 1892 zum Ehrenmitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften ernannt wurde. 1897 wurde sie Ehrendoktorin der Ludwigs-Maximilians-Universität. Alle diese Auszeichnungen bekam sie als erste Frau der bayerischen Geschichte. Doch ohne ihre königliche Abkunft hätte sie sie vermutlich nicht erhalten.
Dies schmälert aber nicht das Verdienst der Prinzessin: Sie bereicherte mit ihren Berichten und Sammlungen nicht nur die Wissenschaft. Sie zeigte auch in einer Zeit, in der man ihnen nichts zutraute, wozu Frauen in Wahrheit in der Lage sind.
„Diese Kahn-Waldfahrt ist traumhaft schön, man könnte immer fahren und träumen und träumen und fahren – endlos – endlos.“
Therese von Bayern über ihre Fahrt in den brasilianischen Urwald, 1888
Quellen- und Literaturhinweise
Therese Prinzessin von Bayern (1850 – 1925), Podcast "Frauenleben", abgerufen am 13.12.2024
Bußmann, Hadumod: Ich habe mich vor nichts im Leben gefürchtet – Die ungewöhnliche Geschichte der Therese Prinzessin von Bayern, 1850 – 1925. München, 2011
Die furchtlose Prinzessin – Therese von Bayern #femaleheritage. www.museen-in-bayern.de, abgerufen am 13.12.2024
Krauss, Marita: Dr. h.c. Prinzessin von Bayern – Weltreisende, Wissenschaftlerin, Sammlerin. Manuskript zur Hörfunksendung „Land und Leute“ des Bayerischen Rundfunks am 1. November 2000