Tina Mußack: Die Mutmacherin
Als Blinde konnte sich Tina Mußack erst mit 39 Jahren ein eigenes Leben aufbauen. Im Rahmen ihres Engagements beim Blindenbund gab sie nicht nur Tipps für eine bessere Bewältigung des Alltags. Sie sprach sich auch für bessere Bildungs- und Arbeitsmöglichkeiten für Sehbehinderte aus.


Steckbrief
- Name
- Tina Mußack
- Geboren
- 1933 in Aletshausen
- Gestorben
- 2021 in Unbekannt
- Wichtige Stationen
-
Zeitraum Tätigkeit 1940–1948: Besuch von Blindenschulen in Augsburg und Ursberg Ab 1972: Umzug nach Memmingen, Anstellung als Telefonistin bei der Post 2000: Bundesverdienstkreuz für ihr großes Engagement im Blindenbund - Zeitalter
- 1960er & 1970er Jahre
- Wirkungsfeld
- Soziales
- Frauenort
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Memmingen
Von der Korbflechterin zur Telefonistin
In der Zeit, in der Tina Mußack in einem Dorf bei Krumbach auf die Welt kam, waren die Lebensperspektiven für blinde Menschen sehr eingeschränkt. Als Schule gab es nur eine auf Blinde ausgerichtete Volksschule. Der Besuch einer weiterführenden Schule war nicht vorgesehen. Stattdessen lernten die Jugendlichen Kunststricken, Bürstenmachen und das Anfertigen von Geflecht für Stühle und Körbe.
Die junge, lebensfrohe Tina Mußack fügte sich in dieses Schicksal. Sie hatte Blindenschulen in Augsburg und Ursberg besucht. Anschließend ging sie in Augsburg in die Fortbildungsschule für das Blindenhandwerk und lebte recht zufrieden im dortigen sehr familiären Blindenheim. Doch als in Kempten ein Telefonistenkurs angeboten wurde, nahm sie sofort daran teil. Anschließend bekam sie eine Stelle unweit ihres Elternhauses im Landratsamt Krumbach und zog wieder zu Hause ein. In dieser Zeit fing sie auch an, sich im Blindenbund zu engagieren.
Mehr Perspektiven für Blinde
1972 wurden im Zuge der Gebietsreformen Landkreise zusammengelegt. Das Krumbacher Landratsamt wurde geschlossen, Tina Mußack verlor ihre Stelle. Neue Arbeit fand sie bei der Post in Memmingen. Die fürsorglichen Kollegen organisierten ihr eine nahe gelegene Wohnung, so dass sie den Weg zur Arbeit alleine bewältigen konnte. Mit 39 Jahren führte Tina Mußack zum ersten Mal ein eigenständiges Leben.
Hierbei wollte sie auch andere unterstützen. Deshalb verstärkte sie ihren Einsatz beim Blindenbund. Zum Beispiel machte sie Hausbesuche, um Alltagstipps zu geben und geeignete Hilfsmittel zu empfehlen. Als Beauftragte der Unterallgäuer Bezirksgruppe des Blindenbunds sprach sie sich für bessere Bildungsmöglichkeiten aus. Besonders wichtig war nach ihrer Ansicht, jedem Blinden zu einem Arbeitsplatz und damit zu wirtschaftlicher Unabhängigkeit zu verhelfen. Nur so, fand sie, könne auch ein Mensch mit Behinderungen sein Leben eigenverantwortlich gestalten. Im Jahr 2000 erhielt sie für ihren ehrenamtlichen Einsatz das Bundesverdienstkreuz.
Quellen- und Literaturhinweise
Schiffelholz, Gertrud: Tina Mußack. in: Frauengeschichtswerkstatt Memmingen (Hrsg.): Memminger Frauen – Biographien. Geschichten. Bilder. Mering, 2012, S. 115 - 117