Porträtfoto: Marianne Schweinesbein. Sie trägt eine dunkle Brille und die langen weißen Haare hochgesteckt.

Die (Miteinander-)Macherin

Von ihrem Vater wurde Marianne Schweinesbein geprägt, „nicht nur mädchenhaft zu sein, sondern universell“. Als junge Frau vereinbarte sie ihre Wunschkinder mit ihren Wunschberufen, erst als Kfz-Mechanikerin, später als international erfolgreiche Ingenieurin. Mit ihrer Entdeckungslust und ihrem selbstbewussten Anspruch auf die Karriere im „Männerberuf“ steckt die Netzwerkerin und Teamplayerin viele andere Frauen an und stärkt sie als Mentorin.

Marianne Schweinesbein: bringt Bewegung rein

Vom Studium der Theaterwissenschaften sattelte Marianne Schweinesbein Anfang der 1970er-Jahre ins Handwerk um und machte eine Ausbildung zur Automechanikerin, später legte sie die Meisterprüfung ab. Nach 15 Jahren in der Werkstatt ging sie zurück an die Hochschule und studierte Feinwerktechnik. Anschließend arbeitete sie fast 20 Jahre lang in der Automobilbranche – in Deutschland, Mexiko, China, Tschechien und den USA. Im Laufe ihrer Karriere beschäftigte sie sich zunehmend mit der Prozessoptimierung. Sie bildete sich weiter und leitete Projekte als Wertanalytikerin und Trainerin im Value Management. 2008 legte sie berufsbegleitend den Master of Business Administration (MBA) ab. Inzwischen ist Marianne Schweinesbein in Rente – aber noch längst nicht im Ruhestand. Regelmäßig übernimmt die Fachfrau Projektaufträge für die Deutsche Bahn im Bereich Prozessoptimierung.

Marianne Schweinesbein sitzt am Steuer eines grasgrünen alten VW Käfer. Strahlend schaut sie aus dem Fenster.

Mobilität bestimmt Marianne Schweinesbeins berufliche Laufbahn. Und der Austausch mit anderen Frauen: Die Kfz-Meisterin, Ingenieurin und Wertanalytikerin netzwerkt leidenschaftlich. Für viele weibliche Nachwuchs-, Fach- und Führungskräfte war und ist sie Mentorin, Coach und Sparringspartnerin. 

Als junge Mutter gründete Marianne Schweinesbein Babygruppen und engagierte sich in Krippe, Kinderladen und Elternbeirat. In ihrer Kfz-Werkstatt bildete Marianne Schweinesbein viele Lehrlinge aus und begleitete Fachkräfte bis zur Meisterprüfung. Später, als Ingenieurin, coachte sie Kolleginnen und Kollegen, betreute Bachelor- und Masterarbeiten und eröffnete Studentinnen technischer Fächer Einblicke ins Berufsleben und Perspektiven für die eigene Lebensplanung. Im Verein Deutscher Ingenieure (VDI) baute Marianne Schweinesbein das Netzwerk der Frauen im Ingenieurberuf in Nürnberg mit auf. Sie engagiert sich ehrenamtlich in der Ingenieurhilfe und ist beratendes Mitglied im Bezirksvorstand. Im überregionalen PANDA-Netzwerk leitet Marianne Schweinesbein als Co-Ambassador die PANDA-Gruppe „Ü45 – Ziele & Herausforderungen“.

Liebe geht durch ... den Wagen!

Nürnberg, 1970. Marianne, 18, büffelt fürs Abitur und denkt über ihre Zukunft nach. „Alle haben mir geraten, in die Verwaltung zu gehen oder Lehramt zu studieren: etwas Sicheres!“, lacht Marianne Schweinesbein. „Aber mir war klar, dass ich das nicht wollte. Ich hatte immer den Eindruck: Kinder dürfen sich weiterentwickeln, aber die Lehrerin nicht.“ Sie pfeift auf die Sicherheit und folgt ihrer Leidenschaft – experimentelles Theater! Eugène Ionesco! Jean-Paul Sartre! – und schreibt sich an der Uni Erlangen für Theaterwissenschaften ein.

„Geh deinen Weg ... und lass die Leute reden“, schrieb Marianne Schweinesbeins Mutter ihrer Tochter einst ins Poesiealbum. Marianne Schweinesbein verinnerlichte den Rat und verfolgte konsequent ihre Ziele.


Zu den Vorlesungen tuckert sie täglich von Nürnberg mit ihrem alten VW Käfer. Doch dem geht immer wieder die Puste aus. Marianne wird Stammkundin der Autowerkstatt Schweinesbein, einem kleinen, markenfreien Betrieb, halbwegs günstig, beliebt bei Studierenden. Bis eines Tages der Meister meint: „Ich hab‘ jetzt keine Zeit, die Zündkerzen kannst du doch selber wechseln!“ Äh, nö, kann sie nicht. Ein bisschen Zeit hat der Meister offenbar doch, denn er fährt mit Marianne zu einem Parkplatz und führt sie in die Grundlagen der Autowartung ein. Bei der Kontrolle der Zündkerzen scheint ein mächtiger Funke überzuspringen. „Es kam mir die Überlegung, eine Partnerschaft einzugehen und Kinder zu kriegen“, sagt Marianne Schweinesbein und über ihrem professionellen Tonfall schwebt ein warmes Augenzwinkern. Der junge Meister Schweinesbein stellt offenbar ähnliche Überlegungen an.

„Frauen haben beim Autoquartett nicht gelernt, was ein Hubraum ist!“

Große Liebe! Der Mechaniker und die Studentin werden ein Paar und heiraten, wollen rasch Kinder. Ihr Mann bestärkt Marianne Schweinesbein, ihr Studium fortzuzuführen. Aber ein Theaterjob und Familie? Das kann sich Marianne Schweinesbein nicht vorstellen. Zum zweiten Mal in ihrer jungen Karrieregeschichte trifft sie eine Herzensentscheidung. Denn sie hat sich nicht nur in den Meister verguckt, sondern auch in die Autotechnik. Als ihr erstes Kind ein Jahr alt ist, beginnt Marianne Schweinesbein ihre Ausbildung zur Kfz-Mechanikerin. Sie schließt die verkürzte Lehrzeit erfolgreich ab; nach der Gesellinnenzeit macht sie die Meisterprüfung. In der Werkstatt ihres Mannes ist sie die einzige Frau im Team. „Frauen haben nicht die Vorstellung, dass sie sowas können“, sagt Marianne Schweinesbein vier Jahrzehnte später und spricht nicht in der Vergangenheitsform. „Denn sie hatten als Kinder keine Autos zum Spielen und haben beim Autoquartett nicht gelernt, was ein Hubraum ist!“

„Ein leichter Beruf ist es nicht. Man muss sich körperlich anstrengen und darf keine Angst vor schmutzigen Fingernägeln haben: Schmieröl kriegt man ja nicht weg. Und im Winter tropft einem das Schneewasser ins Genick ... Doch man hat ganz andere, greifbare Erfolge!“

Wunschkinder UND Wunschkarriere

Auf das erste Wunschkind folgen drei weitere. Sie haben eine Mutter, die in einem „Männerberuf“ arbeitet – und Karriere machen möchte. „Ich hatte weniger Zeit als andere Mütter. Aber das konnte ich ganz gut aushalten und die Kinder auch. Ich habe geguckt, dass wir regelmäßig gemeinsame Ausflüge machen. Und während jeder Schwangerschaft und dem Erziehungsjahr habe ich mich immer besonders um die Größeren gekümmert.“ Marianne Schweinesbein erzieht ihre Kinder „bewusst gegenläufig. Meinen Töchtern habe ich keine Puppen gekauft, sondern Baukästen. Weibliche Prägung kam genug von außen! Natürlich habe ich es toleriert, wenn sie von den Omas Barbies bekamen oder Kleidchen. Aber von mir sollte die andere Hälfte dazukommen: Von mir gab’s keine Mädchenklamotten, nur was Praktisches.“

Das Erziehungskonzept von Marianne Schweinesbein ging auf. Eine ihrer beiden Töchter arbeitet heute als Technische Zeichnerin, die andere ist Informatikerin. Ihre Söhne zeigten sich nicht von den Puppen beeindruckt, die sie zum Spielen bekamen. Aber vom Vorbild ihrer technikbegeisterten Mutter! Einer der beiden machte sich als Baumpfleger selbstständig, sein Bruder ist Ingenieur.


15 Jahre lang arbeitet Marianne Schweinesbein in der Werkstatt. Nach der Meisterprüfung engagiert sie sich in einem Netzwerk für Frauen in Kfz-Berufen. Sie spürt eine Aufbruchstimmung, ihre Schrauberkurse für Frauen an der Nürnberger VHS sind ausgebucht. Die Teilnehmerinnen stellen fest: „Reifen wechseln kann ich selber!“, lernen die Magie des Drehmomentschlüssels kennen (der hilft, Schrauben exakt anzuziehen) und eignen sich genügend Know-how an, um künftig als Kundinnen in der Autowerkstatt selbstbewusst aufzutreten. In der Region spricht sich herum, dass in der Werkstatt Schweinesbein eine Frau ausbildet. Viele Mädchen bewerben sich um Praktika, mehrere schließen eine Lehre ab, zwei krönen ihre Aus- und Weiterbildung mit der Meisterprüfung.

Ein Studienfach, das Türen öffnet

Aber: „Irgendwann is‘ gut.“ Marianne Schweinesbein möchte auf das Erreichte aufbauen und sich weiterentwickeln. Berufsbegleitend studiert sie Maschinenbau. „Als ich das dritte Mal die Matheprüfung versemmelt habe, bin ich umgestiegen und habe Vollzeit von der Pike auf Feinwerktechnik studiert.“ Feinwerktechnik? „Das ist sowas wie der kleine Maschinenbau für alles, was sich dreht und bewegt“, erklärt Marianne Schweinesbein. „Ein Querschnitt aus Elektrik, Elektronik und Informatik, sehr breit angelegt: Man kann sich viele Türen öffnen.“

Als Frau im „Männerberuf“ mal nicht die Exotin

Nach ihrem Abschluss nutzt Marianne Schweinesbein eine Initiative von Industrieunternehmen in Nürnberg, die Praxiseinsätze im Ausland anbieten. Im Rahmen des Programms entsendet ein Automobilzulieferer sie nach Tschechien. Schon nach zwei Wochen bietet ihr die Firma einen festen Vertrag als Fertigungsplanerin an. Marianne Schweinesbein arbeitet an der Entwicklung neuer Montagelinien mit und optimiert bestehende Anlagen. Wie schon in der Kfz-Werkstatt bewährt sie sich als Problemlöserin. Jeden Montag fährt sie die vier Stunden nach Hradec Králové, am Donnerstag wieder zurück. Ihr Mann kümmert sich um die Familie. In Tschechien lernt sie viele andere Ingenieurinnen kennen; Frauen in technischen Berufen sind im ehemals sozialistischen Staat ganz normal. Mal nicht die Exotin zu sein: Diese Erfahrung bestärkt Marianne Schweinesbein in ihrem eigenen Lebensmodell.

„Manchmal ist mir das Herz auch in die Hose gerutscht. Aber ich habe im Studium gelernt, mich zu informieren, mir Unterstützung zu holen, Entscheidungen zu treffen.“
Marianne Schweinesbein wirft einen fachkundigen Blick in  den Motorraum eines Oldtimers.

Die Werkstattarbeit hat Marianne Schweinesbein längst hinter sich gelassen. Aber wenn sich irgendwo eine Motorhaube öffnet, muss sie reinschauen. Wie hier...

Sie bewegt die Keilriemenscheibe, um zu prüfen, ob sich der Motor noch dreht.

... im Verkehrszentrum des Deutschen Museums, wo wir uns mit Marianne Schweinesbein zum Rundgang durch ein paar Epochen Mobilitätsgeschichte verabredet haben.

Thema 1 von 2

Die 2000er-Jahre brechen an. Die Firma, in der Marianne Schweinesbein arbeitet, betreibt auch eine Niederlassung in Mexiko. Ein neues Produkt soll dort gefertigt werden, die Produktionslinien wurden in Nürnberg entwickelt. Marianne Schweinesbein organisiert den Transfer und die Logistik – und bekommt schließlich die Chance, den Transport zu begleiten und den Aufbau vor Ort zu leiten. Endlich ein spanischsprachiges Land! Sie sagt zu und reist im November 2003 nach Mexiko. Zwei Wochen soll ihr Einsatz dauern. Kaum ist sie in Chihuahua angekommen, dem größten Bundesstaat Mexikos, der sich auf einem Hochplateau bis an die Grenze der USA erstreckt, da heißt es: „Das kriegen wir so schnell nicht gebacken: Können Sie bis Weihnachten bleiben?“ Marianne Schweinesbein bleibt. Und verlängert, erst um ein Jahr, dann um ein weiteres. Der jüngste Sohn begleitet sie für einige Zeit, die drei älteren Kinder sind schon flügge.

Blick aufs Armaturenbrett eines alten VW Käfer, das unter unter anderem mit einer Vase ausgestattet ist.

Erinnerung an eine tolle Karrierestation: Als Marianne Schweinesbein im Verkehrszentrum des Deutschen Museum ein altes mexikanisches Taxi entdeckt ...

Marianne Schweinesbein am Steuer des Käfers. Sie lächelt verschmitzt.

... wird ihr Lächeln noch ein wenig inniger. Dürfen wir? Der Aufseher nickt und schon sitzt Marianne Schweinesbein hinterm Steuer des knallgrünen Käfers.

Thema 1 von 2

Auch in Mexiko hat Marianne Schweinesbein mehrere Ingenieurinnen in ihrer Gruppe; in der Montage schrauben sowieso mehr Frauen als Männer. „Ich habe die Mexikanerinnen als sehr emanzipiert empfunden.“ Sie ist fasziniert von der kargen, wüstenartigen Landschaft und von den Menschen, sie schließt Freundschaften, abseits des beruflichen Umfelds, und erlebt familiäre Herzlichkeit. Schließlich sind die Produktionsprozesse so weit eingesteuert, dass Marianne Schweinesbein das Projekt an die heimischen Kräfte übergeben kann. Schweren Herzens kehrt sie nach Deutschland zurück. Doch Mexiko lässt sie nie mehr ganz los. Bis heute besucht sie jedes Jahr ihre Freundinnen und Freunde.

Arbeit ist für mich eine Herausforderung, der ich mich gern stelle. Ich will mir nicht von einem bestimmten Alter vorschreiben lassen, dass ich das nicht mehr kann. Ich bekomme Anerkennung, in Worten und auch finanziell. Ich will meine Fähigkeiten nicht verkümmern lassen.

Irgendwas fehlt doch noch ... Ach ja: der MBA!

Und jetzt? Marianne Schweinesbein überlegt, in welche Richtung sie sich weiterentwickeln könnte. Ihr wird klar: Was fehlt, ist der Master of Business Administration (MBA). Ein Jahr lang frischt sie ihr Englisch auf, dann startet sie ins breit angelegte, internationale Management-Studium. Berufsbegleitend, dreimal wöchentlich am Abend, dazu an den Samstagen. Sie vertieft ihre Kenntnisse in Betriebswirtschaft und befasst sich mit Marketing und Betriebspsychologie. „Das war total faszinierend.“ In ihrer Master-Arbeit untersucht sie, wie sich die Produktivitätskennzahlen in verschiedenen Ländern vergleichen lassen.

Karrierestopp mit 50 plus...

Marianne Schweinesbein ist fachlich topfit, auf aktuellem Stand, international erfahren. Wenn da nur nicht der Druck wäre, den sie an ihrer Schädeldecke spürt... Sie tastet nach oben und erkennt: Sie ist an die gläserne Decke gestoßen. Ihre Karriere steckt fest. Marianne Schweinesbein darf kleinere Projekte leiten, die Fertigung planen, internationale Wertanalyse-Trainings durchführen. Sie fühlt sich wertgeschätzt auf ihrer Position. Aber sie bekommt keine Chance, die nächste Karrierestufe zu nehmen. Marianne Schweinesbein ist jetzt nicht nur eine Frau in einer Männerbranche, sondern eine Frau im mittleren Alter – und muss zusehen, wie jüngere Männer an ihr vorbeibefördert werden.

Ich bin manchmal erschrocken darüber, wie viele junge Frauen selbstverständlich den Haushalt und die Kindererziehung an sich nehmen. Eine Frau wird im Bewerbungsgespräch nach der Lebensplanung gefragt. Beim Mann vermuten Arbeitgeber nicht, dass er wegen der Kinder zu Hause bleibt.

Ähnliche Erfahrungen machten auch Frauen in anderen Unternehmen, sagt Marianne Schweinesbein: „Für Männer ist es ganz normal, mit 50 weiter aufzusteigen. Frauen werden teilweise schon ab Ende 40 gefragt: Willst du das in deinem Alter wirklich noch machen? Oder sie kommen in Mentoring-Programme für künftige Führungskräfte gar nicht erst rein.“

Auch Sexismus und Frauenfeindlichkeit hat Marianne Schweinesbein häufig erlebt und miterlebt. Sie kennt alle miesen Witze und schlüpfrigen Anspielungen. Sie weiß, wie es sich anfühlt, als Emanze verspottet zu werden, wenn man als Frau simple Rechte einfordert, während sich die Männerrunde auf die Schenkel klopft. Oder immer wieder Klischees über Frauen zu hören – und ein schnell nachgeschobenes: „Marianne, auf dich trifft das ja nicht zu“, „Das hast du falsch verstanden“ oder „Das muss man doch mit Humor nehmen.“

... Powerprojekte im Rentenalter!

Marianne Schweinesbein selbst hat (sich) nie aufgegeben: „Ich war nicht frustriert, bin nicht in die innere Emigration gegangen. Ich hatte im Unternehmen Sicherheit, viel Freiheit, spannende Auslandsaufenthalte. Insgesamt war das eine positive Entwicklung.“ Und die ist noch nicht abgeschlossen. Heute, im Rentenalter, übernimmt sie immer wieder Projektaufträge der Deutschen Bahn im Bereich Prozessoptimierung. Dabei geht es im Kern oft um die Frage, „wie die Leute effektiver miteinander kommunizieren und wie Probleme kreativ und nachhaltig gelöst werden können“, schildert Marianne Schweinesbein. Sie spürt neuralgische Punkte auf, die Abläufe verzögern und schult die Teams, „damit sie Fehler künftig selbst erkennen und eliminieren können.“ Bei ihrer Tätigkeit hat die Analytikerin nicht nur einzelne Prozesse im Blick, sondern eine umfassende, tiefgreifende Optimierung: das sogenannte Change Management. „Ja, Mut zur Veränderung, den hatte ich immer und den gebe ich mit Begeisterung auch weiter.“

Marianne Schweinesbein steht auf einer Empore in der Gleishalle des Münchner Hauptbahnhofs.

Von der Automechanikerin mit eigener Werkstatt zur Werteanalytikerin bei der Deutschen Bahn: Marianne Schweinesbein, hier am Münchner Hauptbahnhof, ist weit gekommen und viel herumgekommen auf ihrer beruflichen Reise.

Erfolgreich auch als Mentorin und Netzwerkerin

Daneben coacht und begleitet Marianne Schweinesbein als Mentorin weiterhin Studentinnen und Ingenieurinnen, zu Fragen der Karriereplanung und Weiterbildung genauso wie zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie (Lesetipp: Frauen sind stärker als ihre Jobs). Sie genießt den Austausch und findet: „Ich habe genauso viel mitgenommen wie eingebracht. Man teilt gemeinsame Erlebnisse, nimmt gemeinsam an Seminaren teil, tauscht Lebenserfahrungen aus, erweitert den eigenen Horizont, zum Beispiel um die Perspektive der Jüngeren.“

Viele Frauen haben einen zu großen Perfektionismus. Sie wollen beweisen, dass sie alles schaffen. Sie sollten mehr darum ringen, dass die Aufgaben zu Hause gleich verteilt werden.

Und sie netzwerkt wie eh und je, neuerdings auch als Co-Ambassador für die PANDA-Gruppe „Ü45 – Ziele & Herausforderungen“. Das PANDA-Netzwerk ist eine branchenübergreifende Community für weibliche Führungskräfte. Die Ü45-Gruppe befasst sich unter anderem mit Karriereschritten oder der beruflichen Umorientierung mit 45+, 50+ oder 60+ und setzt sich gegen Altersdiskriminierung in der Gesellschaft und insbesondere im beruflichen Umfeld ein.

Ich empfehle jungen Frauen, dass sie sich gründlich überlegen, was sie beruflich machen wollen und dieses Ziel mit Kraft verfolgen: nicht aufgeben! Nicht entmutigen lassen! Immer neue Anläufe unternehmen! Und im Unternehmen gemeinsam Veränderungen anstreben und auf breiter Front einfordern, zum Beispiel, dass die Elternzeit für Väter kein Tabuthema mehr ist.

„Einfach ingeniös“: Stimmen zu Marianne Schweinesbein

Zum Treffen im Münchner Verkehrszentrum bringt die Netzwerkerin Marianne Schweinesbein zwei Wegbegleiterinnen mit. Ingrid Rauchfuß war bei ihr als Kfz-Mechanikerin angestellt; seither verbindet die beiden Frauen eine Freundschaft. Die Ingenieurin Karin Stempfhuber begleitet sie seit deren Studium als Mentorin. Mit ihrer Fachkunde und Leidenschaft stecken die drei Frauen nicht nur das Team von bayernsfrauen.de an, sondern beeindrucken und begeistern auch die (jedenfalls an diesem Nachmittag durchweg männlichen) Museumsmitarbeiter.

Porträtfoto: Ingrid Rauchfuß.

Ingrid Rauchfuß studierte Philosophie und Germanistik, wollte ins Lehramt. Dann las sie „Zen und die Kunst ein Motorrad zu warten“, krempelte ihre Lebensplanung um, belegte Motorrad-Wartungskurse, machte eine Ausbildung zur Kfz-Mechanikerin ...

Marianne Schweinesbein und Ingrid Rauchfuß beugen sich über den Motorraum eines Autos.

... und fand schließlich als Gesellin in die Werkstatt von Marianne Schweinesbein. „Die Marianne ist ‘ne wilde Hummel“, sagt Ingrid Rauchfuß, die heute als Technische Redakteurin arbeitet, über ihre einstige Chefin. „Sie ist noch viel mutiger, leistungsorientierter und ...

Porträtfoto: Ingrid Rauchfuß.

... durchsetzungsfähiger als ich. Sie hat einen inneren Sensor und die Kraft, alles hinzukriegen – und auch die Leute zu finden, mit denen sie es hinkriegt. Sie ist einfach ingeniös: so einfallsreich, listenreich und ressourcenreich.“

Thema 1 von 3
Porträtfoto: Karin Stempfhuber.

Karin Stempfhuber studierte Maschinenbau (für sie die gelungene Verbindung von Mathe und Kunst), heute arbeitet sie als Homologations-Ingenieurin. Frau Stempfhuber, was schätzen Sie an Ihrer Mentorin? „Marianne Schweinesbein spricht aus ...

Marianne Schweinesbein und Karin Stempfhuber im Gespräch.

... was man im Innersten eigentlich selber weiß. Auch was unangenehm sein könnte, herausfordernd. Wenn ich mich auf einer Position gerade wohlfühle, schubst sie mich an und fragt: Wo willst du in fünf Jahren sein? Kümmere dich JETZT um deine weitere Laufbahn mit 40 plus!

Porträtfoto: Karin Stempfhuber.

Sie ruft immer zum Netzwerken auf. Wir haben das VDI-Netzwerk Frauen im Ingenieurberuf in Nürnberg wiederbelebt. Hier sharen wir andere Sichtweisen und Erfahrungen. Manchmal entwickeln wir auch gemeinsam Strategien für eine Kollegin.“

Thema 1 von 3

„Mein Mann und ich arbeiten gleich viel“, erzählt Karin Stempfhuber. „Wenn ich mal zwei Wochen beruflich in Schweden bin, kann mein Partner Haushalt und Kinder zu 100 Prozent übernehmen. Damit sind wir in unserem Freundeskreis die Ausnahme. Wir werden dann schon mal gefragt, wer die Wäsche macht. Ganz einfach: Unsere Waschmaschine ist mit dem Handy vom Papa verbunden!“ Marianne Schweinesbein lacht: „Die gerechte Aufgabenverteilung habe ich bei uns auch immer eingefordert. Meinem Mann habe ich gesagt: Du schaffst das schon ... Und unsere Jungs konnten früh die Waschmaschine bedienen.“

Was ist eine starke Frau? Ingrid Rauchfuß gibt eine nur scheinbar verblüffende Antwort. „Wenn Marianne Schweinesbein lacht, dann hat sie eine Zartheit in den Augen und eine Freundlichkeit ... Die wirklichen Entwicklungen, die kommen aus so einer Zartheit, aus Heiterkeit und Gelassenheit. Das zeichnet für mich eine starke Frau aus.“


 

Marianne Schweinesbein und Karin Stempfhuber stehen vor einer mehr als vier Meter hohen Schnecken-Skulptur. Sie drücken gegen das Schneckenhaus, als wollten sie das Tier anschieben.

Es geht nicht voran mit der Karriere oder in der Gesellschaft? Manchmal hilft anschieben; Marianne Schweinesbein und Karin Stempfhuber machen es vor.

Marianne Schweinesbein: meine Botschaft

„Wir können nur etwas verändern, wenn wir uns den Hindernissen stellen. Frauen gemeinsam in Netzwerken können viel mehr bewirken als vereinzelt. Wir dürfen andere – Männer und Frauen – nicht überfordern: lieber Schritt für Schritt vorgehen! Nie die Lebensfreude verlieren, auch wenn es Rückschläge gibt. Sich immer wieder vergegenwärtigen, was wir schon erreicht haben, das gibt Kraft. Mit Phantasie und Mut lässt sich immer ein guter Weg finden. Die eigene Kreativität weiterentwickeln und nicht verkümmern lassen. Sich auf neue technische Errungenschaften und Methoden einstellen und sie nutzen!